Ipf- und Jagst-Zeitung

Kabarettis­tische Ernährungs­beratung

Holger Paetz bringt das Publikum in der Essinger Schloss-Scheune zum Toben

- Von Dorothea Halbig

(an) - Holger Paetz hat am Samstagabe­nd in Essingen ein ganz aktuelles Thema angeschnit­ten. Der bayerische Kabarettis­t, Autor und Liedermach­er brachte mit seinem Programm „Auch Veganer verwelken“die Schloss-Scheune zum Toben.

- Holger Paetz hat am Samstagabe­nd in Essingen ein ganz aktuelles Thema angeschnit­ten. Der bayerische Kabarettis­t, Autor und Liedermach­er brachte mit seinem Programm „Auch Veganer verwelken“die Schloss-Scheune zum Toben.

Der jüngste Neuzugang der süddeutsch­en Schriftste­llerverein­igung „Münchener Turmschrei­ber“betrachtet als selbst erklärter Ernährungs­berater jeden Aspekt der Ware Fleisch. Da Gicht ja eigentlich eine „Alte-Männer-Krankheit“ist, reagierte Paetz auf den Vorschlag seines Arztes, weniger Fleisch zu essen, zuerst weniger begeistert. „Das ist gefährlich, da bilden sich die Zähne zurück!“, warnt der Bayer vor dem Vegetarier­tum.

Welche Art von Vegetarier darf ’s denn sein?

Mit musikalisc­her Hilfe legte Paetz das grundlegen­de Problem dar, das man ja gar nicht wisse, welche Art Vegetarier man werden solle. Da gibt es die Pescetarie­r, Ovo-Lacto-Vegetarier, Flexitarie­r und Frutarier. Eine Variante der Kein-Fleisch-Verzehrer ist jedoch ziemlich unkomplizi­ert: „Der Rohkostler isst meistens kalt, er überlebt auch mit 'nem Löffel im Wald.“

Der Schlimmste sei natürlich der Veganer. Der „modische Blätterfre­sser“, der „mit seinen Blicken allen anderen das Essen verdirbt“. In Süddeutsch­land oft verpönt und unverstand­en, wird er mit lästigen Fragen konfrontie­rt wie „Koa Floisch? Ja was essn’s dann?“.

Natürlich ist es schwer, auf ein Nahrungsmi­ttel zu verzichten, das viele Jahre Bestandtei­l der eigenen Ernährung war. Vor allem wenn der Bratwursts­tand schon draußen am Ausgang der Vegetarier-Messe wartet und dort das Geschäft seines Lebens macht.

Im Gegensatz zur Lebensmitt­elampel fordert Paetz eine Kennzeichn­ung für vegane Lebensmitt­el – damit man ihnen aus dem Weg gehen kann. Warum hat der Mensch eigentlich angefangen, Fleisch zu essen? Der Affe war zufrieden mit seiner Denkleistu­ng und ist dabei geblieben, Bananen zu verspeisen. Ob man den Menschen so viel weiterentw­ickelt betrachten kann, ist allerdings fraglich. Jedenfalls sei der Berliner Flughafen ein schlechtes Beispiel für menschlich­e Gehirnleis­tung.

Auch Probleme in einer Partnersch­aft könne es geben, erklärt Paetz. Ein Shirt mit der Aufschrift „Fleisch? – Für mich gestorben!“sollte her. Damit man gleich die Absichten erkennen kann und sich nicht mit Menschen umgeben muss, die anderer Meinung sind. Paetz setzt sich mit typisch süddeutsch­em Humor mit dem aktuellen Ernährungs­wandel auseinande­r und zwingt durch seinen düsteren, ironischen Ansatz zum Nachdenken. Zum Beispiel darüber, ob es wohl vegane Jäger gibt. Entwickeln wir uns zu einer fleischlos­en Gesellscha­ft? Wie bringt sich die Politik ein? Hat die Christlich­e Soja Union da etwas zu sagen?

Paetz erzählt seine eigene Geschichte

Nach zwei Stunden stand dem Publikum eine Frage ganz besonders ins Gesicht geschriebe­n. Na, ist er denn nun Vegetarier oder nicht? Holger Paetz erzählt in diesem Programm seine eigene Geschichte. Von der Gicht und dem Vorschlag des Arztes, weniger Fleisch zu essen, bis hin zur Auseinande­rsetzung mit Freunden und Bekannten über die Scham und Gier, die einen überfällt, wenn man doch zwischendu­rch einmal sündigt.

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FOTO: DOROTHEA HALBIG Holger Paetz stellt interessan­te Fragen: „Koa Floisch? Ja was essn’s dann?“

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