Der Ellwanger Faschings-Eiffelturm reichte 1885 bis zum Kirchendach
Franz Brenner und Thomas Rathgeb präsentieren ihr Buch zur Geschichte der Ellwanger Fastnacht bis 1945
- „Der König Bell von Bimbia, Maskenzug und Pöbelesball“, heißt das Buch von Franz Brenner und Thomas Rathgeb zur Geschichte der Ellwanger Fastnacht bis 1945. Die beiden Ellwanger stellten ihr Werk am Samstagabend vor großem Publikum im „Roten Ochsen“vor. Der Bildband deckt die Bandbreite von Dominos und Schnitzelbank, Maskenball und Redoute des Sängerbundes über das Fastnachtsmahl in fürstpröpstlicher Zeit, Vermummungsverbote und strenge Regeln zur Fastnacht im 19. Jahrhundert bis hin zu den Ball- und Musikveranstaltungen der Ellwanger Vereine ab.
Ausgangspunkt für das Buch war eine Postkarte zur Ellwanger Fastnacht von 1898. Die hat Franz Brenner zufällig im Internet entdeckt und ersteigert. „Landung der Ellwanger in Kiaotschau“, war die Karte betitelt. Sie spielte auf die Besetzung eines Landstrichs in China durch die Deutschen und die Einführung der deutschen Kulturgüter dort an. Der Fastnachter Franz Brenner, Sänger der Musikgruppe „Hintere Ledergasse“, war sofort vom Forschervirus infiziert und machte sich mit Block, Stift und Kamera auf ins Archiv der „Ipf- und Jagst-Zeitung“. Er durchforstete die alten Bände, entdeckte viele Anzeigen und Berichte zur Ellwanger Fastnacht und fotografierte fleißig. Als Mitstreiter gewann er Thomas Rathgeb, der seit September Vorsitzender des Geschichts- und Altertumsvereins ist.
Anhand von Dokumenten berichteten Brenner und Rathgeb von einem Fastnachtsverbot in fürstpröpstlicher Zeit von 1594, das 1603 bestätigt wurde. Als uralten Brauch gab es ein teures Fastnachtsmahl auf Kosten von Fürstpropst und Stadt, bei dem reichlich getrunken wurde. 1758 gab es eine Lockerung des Fastnachtsverbots, 1809 war Maskieren auf der Straße bei Gefängnis- und Geldstrafe abermals verboten.
1820 wurde in der Zeitung eine Ballanzeige der Museumsgesellschaft, einer Art Lesezirkel für Gebildete, veröffentlicht. Dabei ging es um einen Ball für die Honoratioren und einen so genannten Pöbelesball, der später Bürgerball hieß. Von einem Maskenzug vom „Wilden Mann“durch die Stadt zum „Goldenen Adler“, wo ein Theaterstück aufgeführt wurde, ist erstmals 1836 die Rede. 1845 gab es ein Maskierungsverbot für Gymnasiasten, 1852 wird von Bettlern mit Masken berichtet. Ab 1876 wurde das Engagement der bürgerlichen Vereine immer größer, oft gab es ein Theaterstück mit anschließendem Fastnachtsball.
König Bell von Bimbia und US-Präsident Roosevelt waren da
1885 kam dann der „König Bell von Bimbia“in Kamerun zur „Negerhochzeit in Ellwangen“. Im gleichen Jahr wurde auf dem Marktplatz der bis ans Kirchendach reichende Eiffelturm errichtet und enthüllt, noch bevor er von 1887 bis 1889 in Paris gebaut wurde. 1905 kam US-Präsident Theodore Roosevelt mit seiner Tochter nach Ellwangen, um sie in Tannhausen zu verheiraten. Doch die Tochter blieb in Ellwangen und fand Aufnahme im „Schächtelesclub“ für ältere Frauen. 1908 waren zum damals aktuellen Thema Marokko sogar Kamele in Ellwangen. 1913 kam ein kommunalpolitisches Thema, die Brühlneustadt. „Man hat sich um die aktuellen politischen Themen gekümmert“, so Thomas Rathgeb. Eine Tradition in Röhlingen war die „Baurahochzeit“, die 1914 letztmals gefeiert wurde. Im selben Jahr brach der Erste Weltkrieg aus, der bis 1918 dauerte.
Im Jahr der Inflation, 1923, war niemand nach Fastnacht zumute. 1933, nach Hitlers Machtergreifung, wurde noch kräftig gefeiert. 1934, nach der Gleichschaltung, gab es in der Öffentlichkeit jedoch nur noch den Kinderfasching der Schützengilde einschließlich Hakenkreuzfahne. Auch auf die pompösen Hausbälle der Familie Zimmerle im Haus der heutigen Adler-Apotheke gingen Brenner und Rathgeb ein. Die Buchpräsentation wurde mit Ellwanger Faschingshits von einer Abordnung der „Hinteren Ledergasse“musikalisch umrahmt.
Das ist für 25 Euro im Zigarrengeschäft Sperrle und bei Juwelier Hunke erhältlich.