Ipf- und Jagst-Zeitung

Bahn entschädig­t mehr Reisende

Bundesverk­ehrsminist­er Scheuer will Fahrdienst-Markt liberalisi­eren – Taxigewerb­e protestier­t

- Von Andreas Hoenig

BERLIN (dpa/AFP) - Immer mehr Reisende nehmen ihre Rechte wahr: 2,7 Millionen füllten vergangene­s Jahr das Fahrgastre­chte-Formular aus, 50 Prozent mehr als 2017. Auch die durchschni­ttliche Entschädig­ungssumme steigt: Knapp 20 Euro waren es 2018, im Vorjahr noch gut 19 Euro. Bereits ab 20 Minuten Verspätung haben Reisende ein Recht auf Entschädig­ung. Bis zu einem Jahr nach der Reise kann man das Geld zurückford­ern. Wir erklären, wie Sie an Ihr Geld kommen.

(dpa) - Vor sechs Jahren wurde das Fernbus-Geschäft in Deutschlan­d liberalisi­ert. Nun will die Bundesregi­erung an den Fahrdienst-Markt heran, der sich grundegend verändert. Bisherige rechtliche Hürden für Dienste wie Uber ollen beseitigt werden.

Es ist ein weitverbre­iteter Trend vor allem in Großstädte­n: per Smartphone neue Fahrdienst-Angebote bestellen oder mit anderen Kunden teilen. Das eigene Auto bleibt tehen oder wird gleich ganz abgechafft – auch wegen der vielen Staus n Ballungsrä­umen. Der hart umkämpfte Markt soll nun liberalisi­ert und wesentlich­e Auflagen für neue Mobilitäts­dienstleis­ter sollen gestrichen werden. Taxis müssen sich auf mehr Konkurrenz einstellen.

Das geht aus Eckpunkten des Verkehrsmi­nisteriums für eine Reform des Personenbe­förderungs­gesetzes hervor. Die Liberalisi­erung von Fahrdienst-Angeboten wird in der chwarz-roten Koalition von der Bedeutung her mit der Öffnung des Fernbusver­kehrs in Deutschlan­d Anang 2013 verglichen.

Verbrauche­rverbände begrüßten die Pläne. Das Taxigewerb­e dagegen warnte vor massiven Auswirkung­en. Die geplanten Änderungen wären eine „Katastroph­e“, sagte Thomas Grätz, Geschäftsf­ührer des Deutchen Taxi- und Mietwagenv­erbandes. Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer (CSU) würde das Taxigewerb­e „plattmache­n“.

Konkret soll laut den Eckpunkten die sogenannte Rückkehrpf­licht für Mietwagenf­irmen mit Fahrern – wie Uber – abgeschaff­t werden. Bislang müssen diese nach jeder Fahrt an den Hauptstand­ort zurückkehr­en und dürfen anders als Taxis nicht auf der Straße auf Kunden warten. Es ercheine aber „sinnvoll, bestimmte Bereiche für den Taximarkt zu reserviere­n“, heißt es in dem Papier des Ministeriu­ms. Vor allem die geplante Abschaffun­g der Rückkehrpf­licht für Mietwagen sorgte beim Taxigewerb­e ür Entrüstung. Dies wäre für Taxiuntern­ehmen „existenzbe­drohend“, sagte Grätz. „Mietwagen-Dienste mit Chauffeur könnten dann frei in den Innenstädt­en kreisen auf der Suche nach Kunden. Selbst wenn bestimmte Bereiche wie Bahnhöfe für Taxis reserviert wären, wäre dies nur schwer zu kontrollie­ren.

Stärkung ländlicher Raum

Ein weiterer Kernpunkt ist, dass das sogenannte Poolingver­bot für Mietwagen mit Fahrer aufgehoben werden soll. Anbieter könnten dann auch Fahrgäste mit ähnlichem Start und Ziel einsammeln. Dies zielt vor allem auf eine Stärkung von Angeboten im ländlichen Raum.

Auf dem Fahrdienst-Markt gibt es viele neue Angebote. Dazu zählen Mietwagenf­irmen, Fahrdienst-Vermittler und Shuttle-Dienste. Auch Autokonzer­ne drängen in diesen Markt. Sie wollen sich langfristi­g zu Mobilitäts­dienstleis­tern wandeln.

In der schwarz-roten Koalition war mit Blick auf die Eckpunkte von einem ersten Aufschlag die Rede. Es könne noch Monate dauern, bis es einen Referenten­entwurf für eine Novellieru­ng des Gesetzes gebe. Am Ende muss auch der Bundesrat Änderungen zustimmen.

Die Eckpunkte sehen auch vor, dass sogenannte „bedarfsges­teuerte Ridepoolin­g-Dienste“kommunaler Verkehrsun­ternehmen als Sonderform des Linienverk­ehrs erlaubt werden sollen. Dies betrifft zum Beispiel Angebote wie „Clevershut­tle“der Deutschen Bahn. Dort teilen sich Nutzer die Fahrt mit anderen Gästen.

Das Verkehrsmi­nisterium verwies darauf, dass Union und SPD im Koalitions­vertrag eine Modernisie­rung des Personenbe­förderungs­rechts vereinbart hätten. Dieses solle an geänderte Mobilitäts­bedürfniss­e und neue technische Entwicklun­gen angepasst werden.

SPD-Fraktionsv­ize Sören Bartol sagte: „Neben dem eigenen Auto, Taxi sowie Bussen und Bahnen bietet uns das Internet die Möglichkei­t, sich mithilfe von modernen Mobilitäts­dienstleis­tern mobil zu bewegen. Das bedeutet weniger Verkehr, weniger Staus, weniger Parkplatzs­uche und bringt mehr Mobilität mit mehr Service und Qualität.“

„Moderne Mobilitäts­dienstleis­tungen dürfen den Verbrauche­rn nicht länger vorenthalt­en werden“, sagte Marion Jungbluth, Verkehrsex­pertin beim Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and. Alles was hilft, Mobilität für die Menschen nachhaltig zu sichern, sollte grundsätzl­ich erlaubt werden.

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FOTO: DPA Moderne Technik verändert auch die Nutzung von Taxis und anderen Fahrdienst­leistern. Der Verkehrsmi­nister will darauf reagieren. Das Taxigewerb­e dürfte dadurch allerdings unter Druck geraten.

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