Laute Technomusik: Streit unter Nachbarn eskaliert
Prozess vor dem Amtsgericht wegen gefährlicher Körperverletzung endet für Angeklagte mit Freispruch
(sj) - Laute Technomusik in einer Mietwohnung in einem Wohnblock in Ellwangen ist der Auslöser für eine handfeste Auseinandersetzung unter Nachbarn gewesen. Der Vorfall vom 14. Februar vergangenen Jahres, dem Valentinstag, hatte vor dem Jugendschöffengericht des Amtsgerichts Ellwangen ein mildes Nachspiel. Er endete für alle drei Angeklagten mit einem Freispruch.
Angeklagt waren ein 20-jähriger Ellwanger, seine Mutter und sein Onkel wegen gefährlicher Körperverletzung, Beleidigung, versuchter Nötigung und falscher Verdächtigung zum Nachteil eines 66-jährigen Rentners. Der vorsitzende Richter Malte Becker sprach in der Urteilsbegründung davon, dass Aussage gegen Aussage stehe. Man habe in der dreistündigen Verhandlung viele verschiedene Varianten und viele Widersprüche gehört.
Gegenseitige Beschuldigungen
Der Rentner hatte wegen der lauten Musik nach 20.30 Uhr in der Wohnung unter ihm Sturm geläutet. Seiner Aussage nach hat ihm der 20-jährige Nachbar schreiend die Tür geöffnet: „Was für ein Penner hat hier geklingelt?“Dann kam es zu einem Wortgefecht im Treppenhaus. Was danach geschah, konnte das Gericht nicht aufklären. Die 43-jährige Mutter habe ihm das Gesicht zerkratzt, der Sohn habe ihn gehalten, so der Rentner, und der Onkel habe ihm die Faust auf den Kopf geschlagen, sodass er eine Gehirnerschütterung und eine starke Beule bekommen habe, weshalb er am nächsten Morgen zum Arzt gegangen sei. Er erinnerte sich auch an die Drohung der Frau, ihn in die Wohnung zu ziehen und dort plattzumachen.
Die Angeklagten hingegen beschuldigten den Rentner, der Mutter ein Haarbüschel herausgerissen zu haben. Die Polizei sah dieses Büschel Haare noch im Treppenhaus liegen. Die Familie des Rentners mache ihnen das Leben zur Hölle, sagte die Mutter. Beleidigt habe sie den Nachbarn nicht. Sie habe sich nur gewehrt.
Mit seinem Urteil folgte das Gericht den Ausführungen der beiden Verteidiger, Rechtsanwalt Thomas Aubele (Aalen) und Andreas Druwe (Ellwangen). Beide forderten Freispruch. Das Opfer habe am 14. Februar vor Wut gekocht, so Aubele. Staatsanwalt Tolga Akdemir hatte Bewährungsstrafen zwischen sieben und zehn Monaten gefordert. Jugendgerichtshelfer Thomas Kröhl hatte bei dem vorbestraften 20-Jährigen schädliche Neigungen festgestellt und auf eine Jugendstrafe zur Bewährung und zur Teilnahme an einem Antigewalttraining plädiert.
„Gehen Sie dem Mann aus dem Weg“, riet Richter Becker den drei Angeklagten am Schluss der Urteilsbegründung. Der 66-Jährige sei auch kein „Unschuldslamm“.