Wie viele Fachärzte es gibt, ist genau geregelt
In Fällen wie von Helga S. wird schnell der Vorwurf laut, dass es zu wenig Fachärzte gibt. Der Pressesprecher der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Baden-Württemberg, Kai Sonntag, verweist hier allerdings auf die gesetzlichen Bestimmungen. So habe die Politik aus Kostengründen die Zahl der Ärzte in jeder Fachgruppe begrenzt, die sich in einem Gebiet niederlassen dürfen. Geregelt werde das in der Bedarfsplanung, die festlege, wie viele Ärzte für eine bestimmte Einwohnerzahl in einem Gebiet vorhanden sein sollen, damit eine ausreichende Versorgung vorliegt.
Diese Verhältniszahl sei für jede Fachgruppe unterschiedlich. Die Gebiete, nach denen die Zahl der erforderlichen Ärzte berechnet werden, würden mit zunehmendem Spezialisierungsgrad größer, sagt Sonntag. Für die Fachinternisten, zu denen auch die Kardiologen gehören, gelten die Raumordnungsregionen, genauso wie für die Radiologen oder Anästhesisten und die Kinder- und Jugendpsychiater. Baden-Württemberg sei in zwölf dieser Planungsregionen aufgeteilt. Der Ostalbkreis und der Landkreis Heidenheim bilden die Planungsregion Ostwürttemberg, erklärt Sonntag. Und hier gebe es nach der Bedarfsplanung an niedergelassenen fachärztlichen Internisten sogar 73 Prozent mehr als nach der Bedarfsplanung überhaupt nötig wäre. Das heißt, im Moment darf sich kein neuer Arzt innerhalb dieser Fachrichtung hier niederlassen – auch kein Kardiologe.
„Die Überversorgung mag sich jetzt mit Blick auf die kritisierte Anzahl an zu wenig Kardiologen unverständlich anhören“, sagt Sonntag. Er verweist jedoch darauf, dass die Begrenzung der Arztsitze aus Kostengründen seitens der Politik erfolgt sei. Zudem gebe es bei den Fachinternisten noch die Sondersituation, dass sie eine Reihe von unterschiedlichen Fachrichtungen umfassen. Neben den Kardiologen zählen beispielsweise auch die Onkologen, die Gastroenterologen oder die Lungenärzte dazu. Es wäre zu kompliziert, alle diese Fachrichtungen gesondert zu betrachten. Allerdings werde darauf geachtet, dass eine Kardiologenpraxis auch nur an einen Kardiologen übergeben werden darf, wenn eine Nachfolge erforderlich ist. Außerdem könne ein Arzt, der eine solche Praxis übernimmt, die nicht einfach an einen anderen Ort verlegen. Bei allem Ärger der Patienten über das von der Politik vorgegebene System gibt Sonntag allerdings eines zu bedenken. „Für unser Gesundheitswesen in Deutschland werden wir auf der ganzen Welt beneidet. Nirgendwo gibt es eine so ausgedehnte ambulante fachärztliche Struktur mit niedergelassenen Ärzten wie bei uns.“In anderen Ländern, in denen es keine niedergelassenen Kardiologen gibt, sondern nur solche, die im Krankenhaus praktizieren, wäre man froh, nur 20 Kilometer weit fahren zu müssen. (vs)