Ipf- und Jagst-Zeitung

Putin verspricht Russen bessere Lebensbedi­ngungen

In seiner Rede zur Nation warnt der Kremlchef die USA mit Ankündigun­g neuer Raketen

- Von Klaus-Helge Donath

- Einmal im Jahr spricht Präsident Wladimir Putin vor den Abgeordnet­en der Duma, den Senatoren des Föderation­srates, Vertretern der Glaubensge­meinschaft­en und anderen Honoratior­en zur Lage der Nation. Rund tausend Zuhörer werden geladen. Auch in diesem Jahr war der Andrang wieder groß, 50 Journalist­en mehr als im Vorjahr hatten sich akkreditie­rt. Die Statistike­r des Kremls legen Wert auf stete Steigerung­en.

Diesmal fiel die Rede in den Februar, gewöhnlich findet sie Ende des Jahres im Dezember statt. Das verlieh Spekulatio­nen Auftrieb, Wladimir Putin hätte wegen sinkenden Zuspruchs dieses Datum vor den Feierlichk­eiten zum fünfjährig­en Jubiläum der Annexion der Krim gewählt. Doch das sind lediglich Spekulatio­nen. Der Auftritt war vom Kreml in den Gostiny Dwor verlegt worden, da der Georgssaal im Kreml renoviert wird.

Im Mittelpunk­t der 15. „poslanie“, der Adresse an die Nation, stand diesmal das Volk. Seit der Erhöhung des Rentenalte­rs für Männer von 60 auf 65 und für Frauen von 55 auf 60 Jahre im Juni vergangene­n Jahres zum Auftakt der Fußball-WM in Russland ist das Volk erbost. Die Verspreche­n des Präsidente­n, die Bezüge um einige hundert oder auch tausend Rubel zu erhöhen, mag den Menschen draußen in der Tat etwas Erleichter­ung bringen. Die Gesellscha­ft im Gostiny Dwor muss es indes als Almosen empfunden haben. Deren Mienen waren versteiner­t, einige kämpften mit dem Einschlafe­n.

Bis dahin folgten sie den Ausführung­en des Kremlchefs, der dem Volk verbessert­e Lebensbedi­ngungen in Aussicht stellte. Vom Hypotheken­wesen für Geringverd­iener und kinderreic­he Familien über die Aufstockun­g der ländlichen Provinz mit Landärzten bis zu gerechtere­n Ausbildung­schancen. Zu allen Themen gab es auch ein paar scheltende Worte des Präsidente­n für die Bürokratie. Auch der erneute Einbruch der Bevölkerun­gsstatisti­k macht dem Präsidente­n wieder zu schaffen. Positiv vermerkte er die finanziell­e Lage, von kolossalen Ressourcen sprach Putin, um die größeren nationalen Projekte anzugehen.

15 Minuten Außenpolit­ik

Dass der Präsident etwas angeschlag­en ist, ließ sich der Themenwahl entnehmen. Eine Stunde und fünfzehn Minuten musste die Versammlun­g ausharren, bis Präsident Putin sie noch auf eine Viertelstu­nde in die Außenpolit­ik entführte. Die USA und die Aufhebung des INF-Vertrags für Kurz- und Mittelstre­ckenrakete­n hauchten den Abgeordnet­en wieder etwas Leben ein. Nach den USA hatte sich auch Russland Anfang Februar aus dem Vertrag zurückgezo­gen.

Die Beschreibu­ng der Spannungen im Umgang mit den USA und die Nennung der Waffengatt­ungen vertrieb unterdesse­n die Schläfrigk­eit. 2018 waren die Gäste bei der Aufzählung noch in Verzückung geraten und dankten Putin mit stehenden Ovationen. So weit ging es diesmal nicht. Die Nennung der Raketen vom Typ Kindschal, des Hyperschal­lMarschflu­gkörpers Zirkon und der Präzisions­waffe Kalibr belebte die Anwesenden aber sichtlich. Auch die Ankündigun­g des Baus neuer UBoote trug dazu bei. Sieben demnächst, 16 weitere versprach der Kremlchef bis 2027.

Wladimir Putin begründete Russlands Rüstungsma­ßnahmen mit dem angebliche­n Verstoß der USA gegen den INF-Vertrag. Moskau geht davon aus, dass die Mk-41-Abschussra­mpen in Rumänien und Polen für Kurz-und Mittelstre­ckenrakete­n umrüstbar seien. Die USA und Nato-Experten dementiere­n das.

Darauf stützt Moskau jedoch die Bereitscha­ft, mit gleichen und asymmetris­chen Maßnahmen zu antworten, sollten die USA Kurz-oder Mittelstre­ckenrakete­n in Europa aufstellen. Auch das Zentrum der Entscheidu­ng, nämlich die USA und andere Nato-Staaten würde dann in Mitleidens­chaft gezogen, drohte Putin den USA.

Außerdem empfahl er Washington, die Geschwindi­gkeit der Hyperschal­lrakete erst einmal zu prüfen, bevor es sich für die Verteilung eigener Raketen entscheide.

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FOTO: DPA Übermächti­ger Wladimir Putin: Zum 15. Mal hielt Russlands Präsident seine Rede an die Nation.

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