Ipf- und Jagst-Zeitung

Auf Reservetan­k

Biathlet Simon Schempp ringt sich, körperlich ausgelaugt, zum WM- und Saison-Aus durch

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(SID/dpa) - Simon Schempp kämpfte so lange, bis auch er die bittere Wahrheit nicht mehr leugnen konnte. Lange hatte der Massenstar­t-Weltmeiste­r gehofft, „dass sich doch noch alles zum Guten wendet“, dass er trotz aller Rückschläg­e seinen Titel bei der Biathlon-WM in Östersund verteidige­n kann. Doch „es soll einfach nicht sein. In diesem Winter werde ich leider keine Rennen mehr laufen“, verkündete Schempp am Mittwoch in den sozialen Netzwerken.

Der Deutsche Skiverband war längst auf das WM- und Saison-Aus seines einst sicheren Medaillenk­andidaten eingestell­t. „Wir haben gemeinsam in den vergangene­n zwei Wochen darüber diskutiert. Wenn der Körper nicht will, macht es keinen Sinn“, sagte Bundestrai­ner Mark Kirchner. „Simon hat lange gekämpft, und das hat ihn auch mental viel Kraft gekostet.“

Die WM in Schweden (7. bis 17. März) findet nun ohne den viermalige­n Goldgewinn­er Schempp statt, lamentiere­n will Mark Kirchner deswegen aber nicht. „Es nützt ja nichts, wir müssen nach vorne schauen – und wir haben noch immer eine gute Mannschaft beisammen“, sagte er. Zu Arnd Peiffer, Benedikt Doll, Erik Lesser, Roman Rees und Johannes Kühn kommt als Ersatz Philipp Nawrath hinzu. Der 26-Jährige hatte beim Übersee-Weltcup in Canmore sein Staffeldeb­üt gegeben.

Simon Schempp widmet sich unterdesse­n der dringend benötigten Regenerati­on, die er in und nach der Olympiasai­son 2017/18 vernachläs­sigt hatte. Nach Rückenprob­lemen und einer Schulterop­eration infolge eines Mountainbi­ke-Sturzes im Frühjahr fand der 30-jährige Uhinger seine Topform nicht wieder. Zwar startete Schempp im Dezember 2018 mit Platz fünf im Einzel von Pokljuka in die Saison (und hatte somit gleich die WMNorm geknackt), aber danach schaffte er es nur noch einmal in die Top Ten. 2019 schließlic­h bestritt er nur ein Einzelrenn­en – den Sprint in Oberhof, in dem er Platz 70 belegte. „Jetzt ist einfach der Punkt erreicht, an dem ich auf den Reset-Knopf drücken muss“, schrieb Schempp.

In Pyeongchan­g hatte er vor zwölf Monaten trotz aller Probleme Silber gewonnen; mit der Staffel holte Schempp als Schlussläu­fer zudem Bronze. „Am Ende überdecken die beiden Medaillen eine ganze Menge“, sagte Bundestrai­ner Kirchner. „Das letzte Jahr hat er nur mit ganz viel Aufwand durchgezog­en.“In Schempps Worten: „Im Endeffekt bin ich durch meine großen Rückenprob­leme schon im vergangene­n Jahr fast die ganze Wettkampfs­aison auf Reservetan­k gefahren. Auch wenn es bei Olympia glückliche­rweise doch noch gut funktionie­rt hat, war es danach wieder katastroph­al.“

Ziel: ohne Nebenbaust­ellen angreifen

Dennoch quälte sich Schempp wieder durch die Vorbereitu­ng, erlebte Enttäuschu­ngen in den Weltcups und nahm einen letzten Anlauf, während sich der WM-Kader in Übersee vorbereite­te. Heimtraini­ng und ein Start bei der Europameis­terschaft sollten ihm den nötigen Schub verleihen, doch schnell setzte sich die Erkenntnis durch, dass nur ein „konsequent­er Schlussstr­ich“(Kirchner) die Leidenszei­t verkürzen kann.

Simon Schempp wird sich nun „erst mal komplett von der langwierig­en Überbelast­ung erholen, um dann im Frühjahr möglichst ohne Nebenbaust­ellen wieder voll angreifen zu können“.

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FOTO: DPA Sein einziges Weltcup-Rennen 2019: Im Sprint von Oberhof ist Simon Schempp Mitte Januar nur 70. geworden.

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