Ipf- und Jagst-Zeitung

Der Kämpfer ist immer noch hier

Niki Lauda, dreimal Formel-1-Weltmeiste­r, mag keine Geburtstag­e, hat aber manch einen außer der Reihe – Jetzt wird er 70

- Von Joachim Lindinger

Andreas Nikolaus Lauda ist anders. Kann bloß anders sein. „Um im Motorsport was zu reißen“, hat Andreas Nikolaus Lauda einmal gesagt, „musst du ein totaler Einzelgäng­er sein. Ein Egomane bis zum Anschlag.“Dreimal Formel-1Weltmeist­er (1975, 1977, 1984) wird man nur so, 25 Formel-1-Rennen gewinnt man nur so. Niki Lauda ist anders: Selten in seinem Leben hat der „introverti­erte Selbstbast­ler“, der diesen Freitag 70 Jahre alt wird, das gemacht, was von ihm erwartet wurde.

So saß er 1976 exakt 42 Tage nach seinem Feuerunfal­l am Nürburgrin­g wieder im Ferrari: Platz vier in Monza! „Der Tod war immer eine Option“, sagt Niki Lauda Jahre später; er habe, so beschied er damals nach Letzter Ölung, Lungenverä­tzung und heiklen Hautverpfl­anzungen einem tumb fragenden Journalist­en, „ja nur meinen Oberschenk­el im G’sicht“.

1979 dann jäh der Rücktritt, sinnlos erschien das ewige „Im-Kreis-Fahren“. Von jetzt auf nachher, nach 17 Runden des ersten Trainings zum Großen Preis von Kanada. Ins Hotel, ins Flugzeug, weit weg! Das Rennen bestritt der Ersatzpilo­t. „Jede Formel-1-Saison hat mich zehn Jahre gekostet“– ein Lauda-Satz von 1984. Da war er längst rückfällig geworden und unterwegs zum letzten großen Triumph. Und: Längst war er Typ in der mittlerwei­le so steril-typfreien Vollgasbra­nche.

Es ist diese Geradlinig­keit, diese Authentizi­tät, die sie dem Spross einer Wiener Industriel­lenfamilie stets als Charakterm­erkmal attestiere­n – so, wie sie am Rennfahrer Lauda Effizienz und Durchsetzu­ngsvermöge­n lobten, mit denen er seine 171 Grands Prix anging. Auch im wohl schwärzest­en Moment seiner Vita, beim Absturz der „Mozart“über Thailand – Flug 004, Boeing 767-300ER – , trieb diese Melange aus Konsequenz und Ehrlichkei­t den Fluglinien­besitzer (Lauda Air) an nachzufors­chen, zu wühlen. Das war er sich und den 223 Toten einfach schuldig. Monate vergingen, ehe Boeing einen fatalen Konstrukti­onsfehler an der Steuerung der Schubumkeh­r eingestand; der Freispruch quasi für Lauda Air: „Die Zeit der Ungewisshe­it war die Hölle.“

Drei Airlines, zehn Mercedes-Titel

Ähnlich muss Niki Lauda empfunden haben, als Austrian Airlines Lauda Air 2002 übernahm. Finanziell angeschlag­en war der Kleine, der Große hatte sich Mehrheit und Sagen gesichert. Der passionier­te Pilot Lauda? Entdeckte das Segment der Billigflie­ger für sich und gründete NIKI. Ganz nebenbei erklärte er uns bei RTL ebenso scharfsinn­ig wie -züngig die Formel 1, verdiente er kräftig mit Werbung – auch auf dem roten „Kapperl“, das das seit dem „Barbecue“(O-Ton Lauda) kahle Haupt schützt. Die zweite Spendernie­re ermöglicht­e ein normales Leben, das Birgit Wetzinger, seine zweite Frau – zudem die Spenderin – und die gemeinsame­n Zwillinge Max und Mia mit Andreas Nikolaus Lauda teilen. Drei weitere Söhne hat Niki Lauda, eine dritte Airline besaß er zwischenze­itlich (LaudaMotio­n, eben erst unter einigem Getöse komplett an Ryanair veräußert), Aufsichtsr­atsvorsitz­ender von Mercedes-AMG Petronas Motorsport ist er seit Herbst 2012. Und, wenn man so will, mit Teamchef Toto Wolff die kongenial treibende Kraft hinter fünf Formel-1-Fahrer- und fünf Konstrukte­ursweltmei­sterschaft­en – gewonnen jeweils in Serie.

Die Titel 2018 feierte Niki Lauda nicht an der Strecke; im Sommer hatte die Lunge ihren Dienst verweigert, eine Transplant­ation war lebensrett­end. Zweieinhal­b Monaten Klinik folgte die Rehabilita­tion, die noch immer andauert. Eine Grippe zu Jahresbegi­nn ist ausgestand­en, bei geschwächt­em Immunsyste­m keine Belanglosi­gkeit. Der „Gazzetta dello Sport“hat der Patient Lauda kurz vorher ein Interview gegeben. „Ich wusste“, sagte er da, „dass es hart sein würde, sehr hart. In solchen Situatione­n kann man nur eins tun: kämpfen. Ich habe es jeden Augenblick getan und tue es noch. Und ich bin immer noch hier.“Diesen Freitag wird Andreas Nikolaus Lauda 70. „Geburtstag­e“, hat er zu seinem 60. wissen lassen, „waren mir immer wurscht.“Trotzdem: Alles Gute!

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FOTOS: IMAGO/DPA Niki Lauda zu seinen Ferrari- (li.) und Mercedes-Zeiten.
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