Ipf- und Jagst-Zeitung

Elf Freunde im Büro

Damit Teamarbeit gelingt, kommt es vor allem auf die Zusammense­tzung der Gruppe an

- Von Verena Wolff

Im Fußball heißt es, elf Freunde müsst ihr sein. Bei den Mannschaft­en auf dem grünen Rasen kann man dann auch oft gut sehen, wie Teamarbeit funktionie­rt – oder auch nicht. Denn es ist nicht gesagt, dass elf hoch bezahlte Weltfußbal­ler eine bessere Gruppe bilden als elf Unbekannte, die hervorrage­nd harmoniere­n und mit Elan bei der Sache sind. Das Beispiel lässt sich auch auf Unternehme­n übertragen. Teamarbeit ist nicht automatisc­h ein Garant für Erfolg: Eine ganze Reihe von Faktoren beeinfluss­t, ob ein Team funktionie­rt und seine Aufgaben in der vorgegeben­en Zeit erfüllen kann.

Mit Teams wollen Unternehme­n Hierarchie­ebenen abbauen, Führungskr­äfte einsparen und die Mitarbeite­r selbst handlungsf­ähiger machen, erklärt der Wirtschaft­spsycholog­e Prof. Florian Becker. „Die Hoffnung ist: Teams organisier­en sich untereinan­der, positive Synergieef­fekte entstehen, es braucht keine Führungskr­aft mehr.“Allerdings: Die Hoffnung wird in der Praxis oft enttäuscht, berichtet er. „Teamarbeit ist wesentlich anspruchsv­oller, als es in der Theorie oft scheint.“Dabei sind die Probleme häufig dieselben: Die Teams sind nicht richtig besetzt, die Aufgaben sind für Teamarbeit ungeeignet, Mitarbeite­r lenken sich gegenseiti­g von der Arbeit ab, es gibt Trittbrett­fahrer, die nicht viel leisten.

Drei Bedingunge­n für Erfolg

Damit ein Team erfolgreic­h ist, muss es drei seiner wesentlich­en Aufgaben zugleich bewältigen können, sagt der Organisati­onsberater Torsten Groth. „Es muss die extern gesetzten, sachlichen Ziele erreichen“, denn Teams seien weder Selbstzwec­k noch Spaßverans­taltung. Zweitens muss es als Team interne Spielregel­n der Zusammenar­beit ausbilden, und drittens muss alles mit den individuel­len Bedürfniss­en der Mitglieder abgestimmt sein.

Vieles steht und fällt mit der Zusammense­tzung des Teams: „Es kommt auf die Auswahl der richtigen Personen an, nicht nur in Sachen Fachkompet­enz“, sagt Becker. Auch Persönlich­keitsmerkm­ale, wie etwa emotionale Stabilität, seien wichtig für die gute Zusammenar­beit. Mitglieder, die beispielsw­eise bei kleinen Anlässen anfangen herumzubrü­llen, bremsen das ganze Team – alle anderen können dann auch nicht arbeiten. Ein Gesamterfo­lg kommt dann zustande, wenn die Gegensätze ausbalanci­ert werden können, wie Organisati­onsberater Groth erklärt. Dabei müssen sich nicht alle mögen, „aber man muss sich produktiv ergänzen“.

Schwierig wird es, wenn die Lauten dominieren, sagt der Psychologe Thomas Fritzsche. Auch Cliquenbil­dung innerhalb der Gruppe und ein Chef, der sich zu viel oder zu wenig kümmert, können kontraprod­uktiv sein. Wichtig ist in einem Team zudem, dass die Mitarbeite­r ihren Aufgabenbe­reich kennen und jeder in seinen Kompetenze­n jeden Tag maximal gefordert ist, betont er. „Die Rollenvert­eilung muss klar sein, und es darf keine ungeklärte­n Konflikte mit anderen geben.“

Diese Voraussetz­ungen müssen nach seinen Worten erfüllt sein, damit alle im Team Freude an der Arbeit haben und der Output maximal ist – oder man sich sogar in einen „Flow“arbeite. „Der entsteht, wenn die Mitarbeite­r optimal gefordert sind und die Arbeit Spaß macht.“Denn dann geben sie den ganzen Tag das Maximum. „Top-Führungskr­äfte lassen ihre Leute zu 100 Prozent die Dinge tun, die sie exzellent können“, so der Psychologe.

Homogen oder heterogen

In einem Team ist Führung elementar wichtig, sagt Berater Torsten Groth. Dazu brauche es aber nicht unbedingt eine Leitungspe­rson: „Es ist ein gemeinsam reflektier­tes, permanente­s Überprüfen, ob das, was man gerade macht, noch effizient und effektiv ist, oder ob man die gelebte Praxis besser verändert.“Nach Fritzsches Worten braucht ein neues Team viel Hilfe und Unterstütz­ung, klare Anleitung und Direktiven. „Das wird später weniger, dafür muss sich die Leitungspe­rson, je nach Dynamik, mehr um die Stimmung und die Motivation kümmern.“

Auch mit der Größe der Gruppe hat es zu tun, ob das Team erfolgreic­h in seiner Arbeit ist. „So viele wie nötig, so wenig wie möglich“, sagt Becker. Denn Kommunikat­ion und Interaktio­n werden komplexer, Konflikte und Trittbrett­fahren nehmen zu, je größer das Team ist.

Fritzsche hält vier bis sechs Leute im Team für optimal, weil dann ein Dialog möglich ist, bei dem auch Introverti­erte zu Wort kommen. „Wenn es mehr sind, reden tendenziel­l eher die Extroverti­erten.“

Groth hingegen empfiehlt eine Teamgröße von sechs bis zwölf Personen. In dieser Größenordn­ung habe man genügend Vielfalt an Persönlich­keiten und Fähigkeite­n beisammen, um komplexe Aufgaben im Kollektiv zu erledigen. „Zugleich ist man noch in der Lage, sich gegenseiti­g schnell und flexibel zu koordinier­en.“

Florian Becker gibt zu bedenken, dass die Zusammense­tzung des Teams ebenfalls eine Rolle spielt: „Wenn man eine homogene Gruppe hat, in der alle gleich ticken, wird sie Aufgaben effektiver erledigen.“

Bei hoher Diversität im Team – Frauen und Männer, Menschen aus verschiede­nen Kulturen und Altersgrup­pen – braucht die Arbeit mehr Zeit – bringt in aller Regel allerdings auch kreativere Ergebnisse. (dpa)

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FOTO: CHRISTIN KLOSE Wenn die Lauten dominieren, wird die Zusammenar­beit im Team schwierig: Eine klare Rollenvert­eilung hilft in einem solchen Fall, die Aufgaben in der Gruppe erfolgreic­h zu meistern.

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