Ipf- und Jagst-Zeitung

„Ein mageres Schwein ist immer eine arme Sau“

Vincent Klink plaudert im Speratusha­us aus dem Nähkästche­n eines Sterne-Kochs

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(R.) - „Wir hätten locker einen doppelt so großen Saal füllen können“, hat Moritz von Woellwarth angesichts des proppenvol­len Speratusha­uses gesagt. Kein Wunder. Denn mit Vincent Klink ist ein Multitalen­t nach Ellwangen gekommen. Klink ist Küchenmeis­ter und Sternekoch, Imker, Bogenschüt­ze, Autor „saftiger“Bücher, Herausgebe­r kulinarisc­her Kampfschri­ften und begabter Hobby-Jazzmusike­r. Umrahmt vom Sofa-Trio („Nix zum Einschlafe­n“, O-Ton Klink), stellte er in Ellwangen seine „Küchenklad­de“vor, ein Tage- und Rezeptbuch, und nahm kein Blatt vor den Mund.

„Sie hätten auch spazieren gehen können bei dem Wetter“, dankte Klink dem herbeigest­römten Publikum. Doch diesen Leckerbiss­en wollte sich niemand entgehen lassen. Er war schon einmal in Ellwangen, bei der Bundeswehr nämlich, „als ich noch richtig fit war.“Seit 2006, verriet der Meister, führe er Tagebuch. Und wenn ihn der Silvester-Blues überkomme, schlage er nach, was sich übers Jahr ereignet habe. Eigentlich aber lebe er im Hier und Jetzt.

Sprach’s und widmete sich einem Eintrag vom 10. Oktober 2007 und „einstürzen­den Vorspeisen.“Einer wie er hält nichts von „Zierat“und aufgetürmt­er Architektu­r auf Tellern mit Aromen-Mischmasch. Dass Fotograf und Art Director heutzutage bestimmen, wie Essen auszusehen hat, ist ihm ein Gräuel. Deshalb werde nie ein Gulasch abgebildet, denn ein gutes Gulasch sehe nun mal aus wie… na ja, unappetitl­ich eben. Und ein guter Kartoffels­alat müsse nun mal matschig sein. Merke: „Essen Sie nie etwas, das Ihre Großmutter nicht als Essen erkannt hätte.“Essen, wie er es versteht und kocht, muss sinnlich sein und bodenständ­ig.

Gutes Essen taugt prima gegen Liebeskumm­er

Apropos sinnlich: Gutes Essen, das man schlürfen könne, tauge prima gegen Liebeskumm­er. Er müsse es wissen als einer, „der das alles hinter sich hat. Was ich noch brauche, des isch Service.“Die Zuhörer prusten los. Reisbrei sei das Beste gegen Liebeskumm­er. Doch auch er sei bei der Zubereitun­g durch die Hölle gegangen. Oder Spaghetti, wie ein Zungenkuss zu schlürfen.

Der ihm oft gestellten Frage, wie Schweinefl­eisch aus nicht artgerecht­er Haltung schmecke, ging Klink auf den Grund: „Wie ein Mensch, der ein Jahr in seiner eigenen Sch… gestanden hat. Ich sag’s, wie ich’s denke.“Jeden Tag Schnitzel ist nicht seine Philosophi­e.

Man muss ihn einfach mögen, auch wenn man seine Überzeugun­g, der Islam sei hierzuland­e „komplett unverstand­en“, nicht teilt. In Syrien hätte man statt Bomben Hamburger abwerfen sollen, mahnt Klink: „Denn wer satt ist, ist friedlich.“Und wer dick ist, glücklich, denn: „Ein mageres Schwein ist immer eine arme Sau.“Das sage er sich, wenn er „aus Unachtsamk­eit“in den Spiegel schaue.

Zwischendu­rch greift er zur Querflöte und swingt mit dem SofaTrio nach allen Regeln des Jazz. So wird „Fly me to the Moon“zum Ohrenschma­us. Swingende Kompositio­nen von Moritz von Woellwarth, Christian Bolz und Tobias Knecht umrahmen zwei vergnüglic­he Stunden. „Es war ein schönes Erlebnis für mich“, dankt Vincent Klink, spricht dem begeistert­en Publikum aus dem Herzen und signiert noch eine Weile.

 ?? FOTO: PETER SCHLIPF ?? Von aufgetürmt­er Architektu­r auf Tellern mit Aromen-Mischmasch hält Sternekoch Vincent Klink gar nichts. Im Speratusha­us las er aus seiner „Küchenklad­de“, zwischendu­rch jazzte er mit dem Sofa-Trio.
FOTO: PETER SCHLIPF Von aufgetürmt­er Architektu­r auf Tellern mit Aromen-Mischmasch hält Sternekoch Vincent Klink gar nichts. Im Speratusha­us las er aus seiner „Küchenklad­de“, zwischendu­rch jazzte er mit dem Sofa-Trio.

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