Schauerliche Funde im Container
Wo Altkleider rein sollen, kommt immer öfter Müll raus.
- Einmal hat jemand versehentlich seinen Geldbeutel in einen Altkleidercontainer fallen lassen. „Wir haben die fürs Leeren zuständige Firma verständigt, damit sie den wieder rausholt“, erzählt Angelika Fink von den Ellwanger Maltesern. Ein Glück für den Besitzer. Andere Funde begeistern weniger. Wer sieht, wie viel wilder Müll oft schon vor den Altkleidercontainern liegt, dem schwant: Aus dem Inneren fischen die Sammelunternehmen nicht nur abgelegte Pullis und Hosen. Manchmal wird es richtig eklig.
„Um Gottes Willen“, entfährt es André Dümann. „Wollen Sie das wirklich wissen?“Das Schlimmste, was dem Inhaber der Firma Dümann je passiert ist, war ein Stich in die Hand, als er nach einem Kleidersack gegriffen hat. „Ich habe mich an einer Spritze gestochen mit rötlichem Zeug drin“, erinnert er sich. Bei Polizei und Arzt stellte sich heraus: Ein Junkie hatte eine seiner gebrauchten Heroinspritzen im Container entsorgt. Wochenlang bangte Dümann um seine Gesundheit, bevor feststand: Er hatte sich weder mit Hepatitis C noch mit Aids infiziert. „Es ist gut ausgegangen“, sagt er, „aber die lange Ungewissheit war schlimm.“
Für manche eine kostenlose Müllentsorgung
Sich vor solchen Gefahren zu schützen sei aussichtslos. „Natürlich trage ich Handschuhe, aber die stichfesten sind zu starr, damit kann man nicht arbeiten“, erklärt der Firmeninhaber, der im Ostalbkreis tätig ist und auch in Ellwangen Altkleidercontainer aufstellt. Trotzdem sind Handschuhe ganz nützlich bei allem, was sich zwischen den Spenden guter Bürger so findet. „Klopapierrollen, gelbe Säcke, tote Haustiere ...“, zählt Dümann auf und wird konkreter: „Alles, was man so zu Hause halten kann, Katzen, Hasen, Meerschweinchen, Schlangen, überhaupt, Reptilien aller Art sind oft drin.“Im Sommer sei das besonders schlimm. „Da kann es in einem Container 60, 70 Grad Celsius heiß werden.“
Solche Geschichten kann auch Thomas Gäßler erzählen. Er ist Gebietsleiter bei der Firma Striebel Textil mit Sitz in Langenenslingen, einem international tätigen Sammelund Recyclingbetrieb für Altlkeider. Als Dienstleister für die Aktion Hoffnung und für die Malteser ist die Firma mit rund 30 Altkleidercontainern in Ellwangen aktiv. „Es ist unglaublich, aber es gibt Leute, die sehen das als kostengünstige Müllentsorgung“, sagt er. Nicht überall. „Es gibt top Wohngebiete, da sind wirklich nur gute Kleidungsstücke sauber verpackt in den Behältern“, so der Außendienstler. „Aber in sozialen Brennpunkten sind an manchen Standorten die Container zu einem Viertel mit Abfall gefüllt.“Seine jüngste Bestandsaufnahme: eine Bratpfanne, Matratzen, ein Schneebesen, DVDs, CDs, Bücher, ein Plastikkinderstuhl, Fensterläden, ein Feuerlöscher.
Manche Fehleinwürfe führt Gäßler auf Unwissenheit zurück: Weder Badezimmermatten noch die Polster von Gartenstühlen gehören in die Altkleidersammlung. Vieles kann er sich aber nur so erklären: „Die Hemmschwelle ist gesunken.“Die Gesellschaft habe sich verändert, „und die Altkleidercontainer sind ein Spiegel dieser Gesellschaft“.
Beliebt sei, Elektrogeräte zwischen den Textilien zu entsorgen, hat André Dümann beobachtet. „Was reinpasst, fliegt rein.“Außerdem „unwahrscheinlich viele gebrauchte Windeln“, Hausmüll, zerbrochenes Glas, alte Tapeten und sogar Mauerteile, „alles, was bei einer Wohnungsrenovierung so anfällt“. Einmal habe jemand einen 2000-Liter-Heizöltank aus Plastik zerschnitten und gewaltsam in einen der Metallbehälter gedrückt. „Der war so verbogen, den musste ich wegwerfen.“
Warum Menschen so etwas tun, ist auch dem Aalener Unternehmer klar. „Früher ist die Müllabfuhr wöchentlich gekommen, heute nur noch alle 14 Tage.“In der Woche mit Abfuhrtermin finde sich wenig Müll in den Containern. In der anderen Woche viel. Manche der Frevler könne man ausfindig machen, vor allem jene, die die Altkleider- mit der Altpapiersammlung verwechseln. „Da finden wir dann Kontoauszüge mit Namen und Kontostand“, schmunzelt Dümann. „Manche haben richtig viel Geld.“Meist sei das Unterfangen aber aussichtslos.
Den Müll der Schmutzfinken entsorgen die Sammelunternehmen auf eigene Kosten. Schade findet Dümann, dass sich die Städte nicht an diesen Kosten beteiligen. „Wo immer ich einen Container aufstelle, brauche ich dafür eine Sondernutzungsgenehmigung von der Stadt. Die kostet Geld. Aber die Städte denken nicht darüber nach, dass die wilde Müllentsorgung ihrer Bürger nicht vor den Containern Halt macht.“ Immerhin taucht manchmal auch Kurioses zwischen den Kleiderpaketen auf. Wie in Kornwestheim, wo in einem bestimmten Container immer wieder Fleischabfälle auffielen. „Es stellte sich dann heraus, dass eine Dame sich in einen Metzger verliebt hatte“, erzählt Thomas Gäßler. Deshalb kaufte sie dauernd bei ihm ein. Nur aufessen konnte sie ihre Einkäufe nicht.
Eine andere Geschichte gefällt Gässler auch gut. Sie handelt von einer Oma und ihrem Enkel. Der hatte eine Tüte verwechselt und statt der Altkleider den gesamten, in Stoff verpackten Familienschmuck in die Tonne gekippt. Zum Glück war das Striebelsche Sammelfahrzeug noch nicht vor Ort gewesen, als der verzweifelte junge Mann bei den Maltesern anrief. „Sonst hätte er den Schmuck nie wieder gefunden“, schmunzelt Gäßler. „In unserer Firma werden 50 bis 60 Tonnen Altkleidersäcke angeliefert. Täglich.“