Trumps Manöver zur Ablenkung
Im altehrwürdigen Gästehaus der vietnamesischen Führung könnte heute in Hanoi wieder Geschichte geschrieben werden. Dort wo einst Ho Chi Minh residierte, wollen Donald Trump und Kim Jong-un bei ihrem zweiten Treffen einen Deal machen, den beide in der Heimat als Erfolg verkaufen können. Einen unverbindlichen Wohlfühlgipfel sollte es eigentlich nicht wieder geben.
Die Rollen in diesem Staatsschauspiel sind ungleicher verteilt, als man vermuten möchte. Trump, Präsident der größten Weltmacht, steht daheim unter erheblich mehr Druck als sein Konterpart Kim, allmächtiger Diktator des international geächteten Nordkorea. Fast parallel zur Eröffnung des Hanoi-Gipfels lief die Anhörung von Michael Cohen, einem ehemaligen Trump-Anwalt. Der frühere Vertraute belastete den Chef des Weißen Hauses durch peinliche Enthüllungen schwer. Trumps Glaubwürdigkeit ist beschädigt.
Um sich in Szene zu setzen, zieht der Präsident in Hanoi eine politische Show ab, die Amerikas Öffentlichkeit ablenken soll. Dafür gibt Trump Nordkoreas Diktator erneut die Chance, vor aller Welt auf Augenhöhe zu erscheinen. Für und Wider halten sich die Wage. Es ist noch immer das dringlichste Ziel des Nordkoreaners, als Führer einer Atommacht anerkannt zu werden. Diesen Triumph hat Trump schon in Singapur quasi gratis verschenkt, ohne verbindliche Konzessionen als Gegenleistung zu erhalten. Andererseits kann man mit Diktaturen nur auf höchster Ebene verhandeln. Auch in Pjöngjang laufen alle Fäden beim „Vorsitzenden Kim“, wie ihn Trump respektvoll nennt, zusammen. Dialoge ergeben nur Sinn, wenn mit dem Machthaber direkt gesprochen wird.
Die Schlüsselfrage ist auch dieses Mal: Wird die Welt am Ende wenigstens etwas sicherer? Auch Optimisten zweifeln daran, dass beim HanoiGipfel auch nur eine einzige Rakete oder Atombombe abgerüstet wird. Es geht vielmehr ums Prinzipielle: um eine bindende Absichtserklärung und einen konkreten Zeitplan für die von Kim nur unverbindlich zugesagte „Denuklearisierung“.