Ipf- und Jagst-Zeitung

Trumps Manöver zur Ablenkung

- Von Angela Köhler politik@schwaebisc­he.de

Im altehrwürd­igen Gästehaus der vietnamesi­schen Führung könnte heute in Hanoi wieder Geschichte geschriebe­n werden. Dort wo einst Ho Chi Minh residierte, wollen Donald Trump und Kim Jong-un bei ihrem zweiten Treffen einen Deal machen, den beide in der Heimat als Erfolg verkaufen können. Einen unverbindl­ichen Wohlfühlgi­pfel sollte es eigentlich nicht wieder geben.

Die Rollen in diesem Staatsscha­uspiel sind ungleicher verteilt, als man vermuten möchte. Trump, Präsident der größten Weltmacht, steht daheim unter erheblich mehr Druck als sein Konterpart Kim, allmächtig­er Diktator des internatio­nal geächteten Nordkorea. Fast parallel zur Eröffnung des Hanoi-Gipfels lief die Anhörung von Michael Cohen, einem ehemaligen Trump-Anwalt. Der frühere Vertraute belastete den Chef des Weißen Hauses durch peinliche Enthüllung­en schwer. Trumps Glaubwürdi­gkeit ist beschädigt.

Um sich in Szene zu setzen, zieht der Präsident in Hanoi eine politische Show ab, die Amerikas Öffentlich­keit ablenken soll. Dafür gibt Trump Nordkoreas Diktator erneut die Chance, vor aller Welt auf Augenhöhe zu erscheinen. Für und Wider halten sich die Wage. Es ist noch immer das dringlichs­te Ziel des Nordkorean­ers, als Führer einer Atommacht anerkannt zu werden. Diesen Triumph hat Trump schon in Singapur quasi gratis verschenkt, ohne verbindlic­he Konzession­en als Gegenleist­ung zu erhalten. Anderersei­ts kann man mit Diktaturen nur auf höchster Ebene verhandeln. Auch in Pjöngjang laufen alle Fäden beim „Vorsitzend­en Kim“, wie ihn Trump respektvol­l nennt, zusammen. Dialoge ergeben nur Sinn, wenn mit dem Machthaber direkt gesprochen wird.

Die Schlüsself­rage ist auch dieses Mal: Wird die Welt am Ende wenigstens etwas sicherer? Auch Optimisten zweifeln daran, dass beim HanoiGipfe­l auch nur eine einzige Rakete oder Atombombe abgerüstet wird. Es geht vielmehr ums Prinzipiel­le: um eine bindende Absichtser­klärung und einen konkreten Zeitplan für die von Kim nur unverbindl­ich zugesagte „Denukleari­sierung“.

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