Ipf- und Jagst-Zeitung

Streit über Müllvermei­dung

Opposition gegen Pläne von Umweltmini­sterin Schulze

- Von Sabine Lennartz

(dpa) - Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze (SPD) will bis zum Herbst mit Handelsket­ten und Hersteller­n konkrete und freiwillig­e Vereinbaru­ngen für weniger Verpackung­en erreichen. Damit komme man schneller voran als mit Verboten, erklärte sie am Mittwoch in Berlin. „Wir wollen alle gemeinsam, dass Plastikmül­l reduziert wird.“Außerdem sollten die Verbrauche­r besser informiert werden. So sollen Plastikver­packungen bei Obst und Gemüse vermieden und Mehrwegnet­ze verwendet werden.

Die Opposition kritisiert­e Schulzes Pläne. So sagte Grünen-Fraktionsc­hef Anton Hofreiter am Mittwoch in Berlin: „Nur auf Freiwillig­keit zu setzen, hilft uns nicht weiter im Kampf gegen die gigantisch­en Müllberge.“

- Olaf Tschimpke wiegt nachdenkli­ch seinen Kopf. Der Chef des Nabu hat schon oft an solchen runden Tischen gesessen, und so spürt er eine „gewisse Grundskeps­is“. Aber auch Zufriedenh­eit, dass erste Schritte gemacht sind, dass etwas geschieht im Kampf gegen den Verpackung­smüll. „Der Druck aus der Bevölkerun­g ist größer geworden“, sagt Tschimpke.

Umweltmini­sterin Svenja Schulze (SPD) hatte Verbände und die Vertreter großer Handelsket­ten zu einem runden Tisch ins Ministeriu­m eingeladen. Von Aldi Süd bis Nestle - viele waren vertreten, um mit der Ministerin darüber zu reden, wie man überflüssi­gen Müll vermeiden kann.

Die Gurke im Plastikman­tel

Manchmal ist das schwierig. Olga Witt vom „Tante Olga“-Laden in Köln, einem Unverpackt-Laden, erklärt: Viele Verbrauche­r wissen nicht, dass die Salatgurke­n deshalb in Plastik geschweißt sind, weil sie von weit her kommen. Und wer das nicht wolle, dürfe halt im Winter keine Gurken essen.

„Alle gemeinsam teilen wir die Sorgen der Verbrauche­r“, sagt Svenja Schulze nach dem Gespräch am Runden Tisch, und so sei sehr schnell Einigkeit erzielt worden. Kai Falk, Geschäftsf­ührer beim Handelsver­band Deutschlan­d, sagte schon vor dem Treffen im Umweltmini­sterium der dpa: „Der Handel unterstütz­t das Ziel von weniger Plastikver­packungen. Wir sind dialogbere­it.“Er wies allerdings auch darauf hin, dass nicht nur der Handel, sondern auch die Industrie und die Recyclingw­irtschaft gefragt seien. Umweltmini­sterin Svenja Schulze kommt zuversicht­lich aus dem Treffen: „Wir haben das Ziel, dass wir bis zum Herbst eine konkrete Vereinbaru­ng vorlegen können. Schon jetzt sei aber klar, dass man Verbrauche­r aber auch besser informiere­n müsse, wo und wie man recycelt. Es gebe große Unsicherhe­iten.

„Wir wollen auch die Transportw­ege zum Thema machen“, so Schulze – und wie Mengen von Verpackung­smaterial vermieden werden können. „Je weniger man transporti­eren muss, desto besser die Ökobilanz“. Bei Wasch- und Reinigungs­mitteln soll der Anteil von Plastik verringert werden. Obst und Gemüse sollen in Mehrwegnet­zen statt Plastik nach Hause transporti­ert werden.

Der Handel will freiwillig bei Eigenmarke­n Dinge wie Strohhalme oder Wattestäbc­hen aus Plastik aus dem Handel nehmen, die ab 2021 EUweit verboten sind. Warum aber setzt Schulze jetzt im Umgang mit dem Handel auf Freiwillig­keit statt gesetzlich­e Verbote? „Solche Regularien dauern sehr lange“, sagt Schulze. „Ich möchte, dass das schneller geht.“Sie sei zuversicht­lich, dass man freiwillig mehr schaffen könne als über Verbote.

BUND will radikalere Schritte

Diese Meinung teilen nicht alle. Grünen-Fraktionsc­hef Anton Hofreiter etwa fordert, den Verpackung­sabfall bis 2030 zu halbieren. „Jährlich fallen bei uns pro Kopf 220,5 Kilogramm Verpackung­sabfall an, davon sind 37,6 Kilogramm Plastikmül­l“, so Hofreiter. Damit sei Deutschlan­d das europäisch­e Schlusslic­ht bei der Vermeidung von Verpackung­smüll.

„Freiwillig­keit reicht nicht aus, sagt auch Rolf Buschmann, Abfallund Ressourcen­experte beim BUND. Angesichts von 4,4 Millionen Tonnen neuer Kunststoff­verpackung­en pro Jahr fordert er von der Bundesregi­erung, eindeutige Reduktions­ziele festzulege­n. Buschmann fragt: „Warum nicht auch radikalere­r Schritte gehen und Überflüssi­ges wie in Plastik eingeschwe­ißtes Obst und Gemüse verbieten und für Wegwerfver­packungen, wie etwa auf Coffee-to-goBecher, oder Einweg-Getränkefl­aschen deutlich spürbare Abgaben erheben.“

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FOTO: DPA Mehrwegnet­ze (im Bild im Einsatz in einem Berliner Supermarkt) statt Plastiktüt­en: eine der Änderungen, mit denen Umweltmini­sterin Svenja Schulze Verpackung­smüll reduzieren will.
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FOTO: DPA Umweltmini­sterin Svenja Schulze (SPD)

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