Bill Frisell lässt in seine Seele hineinhören
Der US-Gitarrist gibt mit seinem Trio ein umjubeltes Konzert im Stadthaus in Ulm
- Ovationen für einen Weltstar des Jazz: Mit großem Applaus hat das Publikum im ausverkauften Stadthaus Bill Frisell und sein Trio nach einem fantastischen Konzert verabschiedet. Der US-amerikanische Gitarrist hat die rund 350 Besucher mit seinem Bassisten Tony Scherr und Drummer Kenny Wollesen verzaubert.
Dem Programmmacher des Vereins für moderne Musik, Raimund Kast, ist es in diesem Jahr gelungen, zum Auftakt der „Strings“, also „Saiten“, betitelten Konzertreihe einen der begehrtesten Jazzgitarristen nach Ulm zu holen. Das Bill-FrisellTrio befindet sich auf einem fünftägigen Kurztrip durch Europa, der in Dublin begann und am Dienstagabend mit einer Liveübertragung aus dem „Moods“in Zürich endete. Dazwischen lagen Auftritte in London, Piacenza – und Ulm.
Im Lauf von vier Jahrzehnten hat sich der 67-Jährige aus Colorado in die oberste Liga gespielt. Wie keinem anderen Gitarristen gelingt es Frisell in diesem Konzert ohne Pausen und Ansprachen zwischen den Stücken dem Publikum einen unverfälschten Blick in seine Seele zu gestatten. Es ist so, als würden durch seinen Körper Country, Folk, Surf-Rock, Blues und natürlich Jazz fließen.
Dabei kann sich Frisell auf seine beiden Mitspieler stützen, die den verschachtelten Interpretationen von Eigenkompositionen und unvergesslichen Standards blind folgen können. Man weiß bei seinen Konzerten nie, welche Stücke Frisell spielt. Der Meistergitarrist erspürt, was das jeweilige Publikum will.
Manchmal dröseln die Drei Dylanund Madonna-Songs auf. In Ulm präsentieren sie Melodien von Henry Mancini, John McLaughlin, Wes Montgomery und Burt Bacharach. Mit ihm ist Frisell in seinen Anfangszeiten gemeinsam aufgetreten. Diese zarten und schwebenden Klänge haben sich bis heute bei ihm eingeprägt, auch wenn ihm „zupackender lärmender Sound“, wie er es nennt, nicht fremd ist. In Ulm zeigt sich, wie einfühlsam der Gitarrist elektronische Effekte wie Hall und Sampling in sein Spiel eingebaut hat, ohne den melodiösen Pfad zu verlassen. Frisell hat auch Filmmusik geschrieben (beispielsweise für Wim Wenders’ „Das Million Dollar Hotel“) und ließ sich für eines seiner Alben sogar von Maler Gerhard Richter inspirieren.
Emotionalität und Lyrik prägen das Spiel des Grammy-Gewinners. Aber seine Mitmusiker haben am Gelingen des Abends einen erheblichen Anteil. Bassist Scherr wird gerne von Norah Jones gebucht, Schlagzeuger Wollesen musizierte schon mit Tom Waits. So eine Besetzung erlebt man in Ulm nicht alle Tage. Die Reihe dieser
wird am 11. März, 20 Uhr, fortgesetzt mit dem französischen Gitarristen Nguyên Lê und seinem Quartett.