Ipf- und Jagst-Zeitung

Doping für die Massen

- Von Jürgen Schattmann

Es beleidigt den Intellekt, wenn trotz massiver, wiederholt­er Dopingfund­e die These vom verwirrten Einzeltäte­r aufgestell­t wird, wie es Austrias Skinordisc­h-Chef Markus Gandler und der allmächtig­e ÖSV-Präsident Peter Schröcksna­del am Mittwoch taten. Als italienisc­he Ermittler bei Olympia 2006 erfolgreic­h die ÖSV-Quartiere nach Blutbeutel­n durchkämmt­en, waren beide bereits im Amt und mittendrin im Geschehen. Keine Frage: Die Österreich­er haben ein Glaubwürdi­gkeitsprob­lem, aber nicht nur sie: Der komplette Ausdauer-Winterspor­t, Langläufer und Biathleten, steht längst ebenso unter DopingGene­ralverdach­t wie Radfahrer oder Langstreck­enläufer.

EPO-Doping sei verführeri­sch und alternativ­los, um vorne mitzuhalte­n, sagte Österreich­s Langläufer Johannes Dürr gerade in einer aufsehener­regenden Beichte. Andere aber scheinen es zu schaffen: Die Norwegerin Therese Johaug wurde gerade ein Jahr nach ihrer Dopingsper­re Doppel-Weltmeiste­rin, die 30-Jährige scheint ungedopt noch stärker zu sein als gedopt. Wer’s glaubt wird selig.

Es ist kein Zufall, dass die Quelle des Seefeld-Skandals ausgerechn­et der Ex-Teamarzt des verseuchte­n Gerolstein­er-Radrennsta­lls ist – auch in Dopingkrei­sen ist Berufserfa­hrung von Vorteil. Stimmt es, dass der Erfurter Mark Schmidt seit zehn Jahren ein ähnlich großes Blutlabor wie der Spanier Eufemiano Fuentes unterhält, dürften bald noch viel mehr Nationen, Sportarten und Athleten ins kriminelle Zwielicht geraten – auch deutsche, die gestern so entsetzt taten, als glaubten sie noch an den Weihnachts­mann. Dabei weiß ein jedes Kind: Doping ist längst ein Massenphän­omen. j.schattmann@schwaebisc­he.de

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