Glücksfall Streich bleibt Freiburg treu
Der Querdenker und Fußball-Intellektuelle hat seinen Vertrag verlängert
(SID/dpa) - Was am Mittwoch offiziell wurde, konnten die Trainingskiebitze schon am Dienstag erahnen. Bei strahlendem Sonnenschein und 19 Grad stellte sich Christian Streich Arm in Arm mit seinen Assistenten zum Gruppenfoto auf. Die Aufnahme hatte natürlich einen Grund: Der dienstälteste Trainer der Fußball-Bundesliga und seine engsten Mitarbeiter haben ihre Verträge beim SC Freiburg verlängert. Für den dienstältesten Bundesliga-Trainer Christian Streich ist es „ein Glücksfall“und „purer Luxus“– für den SC Freiburg wohl auch.
Völlig überraschend kam die Meldung aus dem Breisgau nicht. Streich hatte bereits vor einem Monat im ZDF seinen Verbleib beim SC als „fix“bezeichnet. Dennoch war der Verkündungstermin gut gewählt. Schließlich feierte der Kultcoach, der seit dem 29. Dezember 2011 im Amt ist, am Samstag beim 5:1 (3:0) gegen Augsburg seinen höchsten Bundesliga-Sieg und quasi schon den Klassenerhalt. Nach 23 Spieltagen hat der SC elf Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz.
Zur neuen Laufzeit machten die Freiburger wie üblich keine Angaben, es soll sich aber um eine Verlängerung bis 2020 handeln. „Wir freuen uns, die erfolgreiche und vertrauensvolle Zusammenarbeit auch über die aktuelle Saison hinaus fortsetzen zu können“, sagte Jochen Saier: „Diese Kontinuität ist Ergebnis der Qualität und des großen Engagements des gesamten Trainerteams.“Wie außergewöhnlich die Zusammenarbeit ist, wird auch dadurch deutlich, dass der Zweite in der Reihe der aktuell dienstältesten Trainer mit einigem Abstand Pal Dardai ist. Vor gut vier Jahren übernahm Dardai den Posten bei Hertha BSC.
Streich hatte zuletzt deutlich gemacht, dass nach der kommenden Spielzeit noch nicht Schluss sein müsse. Er wolle sich aber in der Folge gemeinsam mit der SC-Führung immer wieder aufs Neue überlegen, ob er noch eine Saison dranhänge.
Bevor das Trainerunikat kurz nach Weihnachten 2011 die Profimannschaft der Breisgauer am 29. Dezember 2011 übernahm, hatte er 16 Jahre lang in der Nachwuchsabteilung des Vereins gearbeitet. Dass er den Rekord des ehemaligen SC-Trainers Volker Finke brechen und 16 Jahre lang die Profis betreuen wird, kann sich Streich allerdings nicht vorstellen. „Also jetzt nochmal gut acht Jahre und gerade am Stück nochmal durch, dann wäre ich ja über 30 Jahre ohne Pause Trainer. Ich glaube, die Maschine macht das nicht mit“, sagte Streich: „Bei mir ist das sowieso anders, weil ich so lange im Verein bin. Da ist das nicht so geschäftsmäßig. Von der Denke her muss man da anders vorgehen – als Trainer und als Verein.“
Dankbarer Metzgersohn
Dass Streich anders vorgeht als andere, ist längst kein Geheimnis mehr. Auch deshalb wurde der studierte Pädagoge, der als Profi unter anderem mit Bundestrainer Joachim Löw spielte, in den letzten Jahren mit Auszeichnungen überhäuft. Vor allem seine differenzierten Äußerungen zu aktuellen Entwicklungen in Politik und Gesellschaft lassen immer wieder aufhorchen. Streich hat sich damit den Ruf eines linksliberalen Intellektuellen erworben, der über den Tellerrand hinausblickt.
Der in Weil am Rhein geborene Sohn eines Metzgers begann seine Trainer-Laufbahn 1995. Streich betreute zunächst verschiedene Teams im SC-Nachwuchsbereich. Als die Profis unter dem heutigen DFB-Assistenztrainer Marcus Sorg als Letzter in die Winterpause gingen, wurde Streich befördert. „Eigentlich müsste ich immerzu niederknien und mich zehn Mal bedanken, dass ich Trainer sein darf“, sagt Streich. „Mach ich aber nicht, weil ich an das nächste Spiel denke und überlege, wie man die Verletzten kompensiert, wie man aufstellt und wie man das macht, wenn man dabei Spieler enttäuscht.“