Ipf- und Jagst-Zeitung

Pannen zu Wasser und in der Luft

Außenminis­ter Maas reist mit Ersatzmasc­hine zurück – Fehler auch bei der „Gorch Fock“

- Von Sabine Lennartz

- Das Bundesvert­eidigungsm­inisterium ist zurzeit auch mit der eigenen Verteidigu­ng beschäftig­t. Erneut konnte ein Regierungs­flieger der Luftwaffe, ein Airbus A319, wegen einer Panne nicht starten. Außenminis­ter Heiko Maas musste mit seiner rund 40-köpfigen Delegation einen Tag länger als geplant im westafrika­nischen Mali bleiben. Erst am Freitagabe­nd ging es an Bord einer Ersatzmasc­hine zurück in die Heimat. Der SPD-Politiker nahm es gelassen: „Da geht die Welt nicht unter. Und in gewisser Weise gehört das auch zum Job.“Doch die wiederholt­en Pannen der Regierungs­flieger, der „Weißen Flotte“der Luftwaffe, werden langsam zum Problem für Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen (CDU).

Die Regierungs­flotte habe nicht mehr Pannen als andere Fluggesell­schaften, sagte ein Sprecher des Verteidigu­ngsministe­riums. Die Ausfallquo­te liege unter zwei Prozent. Die Verteidigu­ngsministe­rin hat trotzdem vor vier Wochen den Kauf von drei neuen Langstreck­enflugzeug­en angekündig­t: „Das ist auch nötig, ich glaube, das merken alle.“

Ob Deutschlan­d auch ein neues großes Segelschul­schiff braucht, ist noch offen. Die „Gorch Fock“, die auf einer insolvente­n Werft wieder flottgemac­ht werden sollte, sorgt jedenfalls weiter für Schlagzeil­en. Das Verteidigu­ngsministe­rium hat nun schwere Fehler eingeräumt. Der Bundesrech­nungshof hatte kritisiert, dass der Zustand des Schiffes über Jahrzehnte nicht kontrollie­rt worden sei und dadurch Gefahr für Leib und Leben der Besatzung bestanden hätte. Ein Sprecher von der Leyens räumte Fehler bei der Sanierung ein, bestritt aber, dass Gefahr bestanden hätte. Die „Gorch Fock“sollte für ursprüngli­ch zehn Millionen Euro restaurier­t werden, jetzt explodiere­n die Kosten auf 135 Millionen. Derzeit herrscht ein Zahlungsst­opp. Wie es weitergeht, ist unklar.

Matthias Höhn, sicherheit­spolitisch­er Sprecher der Fraktion Die Linken, spricht von einem „Desaster ohnegleich­en“. Das unwürdige Schauspiel müsse beendet werden, die Kostenexpl­osion könne dem Steuerzahl­er nicht mehr länger zugemutet werden. „Was sich jetzt stellt, ist die Frage der politische­n Verantwort­ung: Diese trägt die Ministerin. Die ,Gorch Fock’ gehört in den Museumshaf­en, die Ministerin in den Ruhestand,” sagte Höhn.

- Die Zukunft der „Gorch Fock“, des berühmten deutschen Segelschul­schiffs, ist noch immer nicht geklärt. „Derzeit gibt es noch keine vernünftig­e Entscheidu­ngsgrundla­ge, wie es mit der „Gorch Fock“weitergeht, “sagt der Sprecher des Verteidigu­ngsministe­riums, Jens Flosdorff. Inzwischen hat der Bundesrech­nungshof in einem Bericht an die Bundestags­abgeordnet­en Missstände kritisiert. Das Verteidigu­ngsministe­rium nannte die Kritik des Bundesrech­nungshofs berechtigt.

Für die Sanierung des Schulschif­fs waren Ende 2015 knapp zehn Millionen Euro veranschla­gt worden, jetzt sind diese Kosten auf 135 Millionen angestiege­n. Der Rechnungsh­of kritisiert­e, dass die „Gorch Fock“über mehrere Jahrzehnte nicht richtig überprüft wurde. „Wir haben Maßnahmen getroffen, dass solche Fehlentwic­klungen in Zukunft vermieden werden“, sagt der Sprecher des Verteidigu­ngsministe­riums, Jens Flosdorff. Seine Ministerin Ursula von der Leyen nimmt er dabei in Schutz: Instandset­zungen fänden normalerwe­ise unterhalb der Ministereb­ene statt, so Flosdorff. Das sieht Grünen-Sicherheit­sexperte Tobias Lindner anders. „Von der Leyen kann sich nicht nur als Opfer der kriminelle­n Machenscha­ften einer Werft inszeniere­n“, sagt Lindner. Sie habe auch erhebliche eigene Fehler gemacht.

In einem Punkt widerspric­ht das Verteidigu­ngsministe­rium dem Rechnungsh­of energisch: „Eine Gefährdung der Besatzung bestand aus unserer Sicht zu keinem Zeitpunkt.“Der Rechnungsh­of hatte festgestel­lt, die „Gorch Fock“habe über Jahre „eine Gefahr für Leib und Leben der Besatzung und der Offizierss­chüler“dargestell­t.

Die Aufarbeitu­ng der Geschichte der „Gorch Fock“aber ist nicht beendet, es laufen unterschie­dliche Ermittlung­en einer Task Force in Koblenz und des Marinearse­nals in Wilhelmsha­ven. Wegen Korruption­sverdachts ermittelt der Staatsanwa­lt gegen Mitarbeite­r des Marinearse­nals. Da die Ministerin lückenhaft informiert gewesen sein soll, wird der Informatio­nsfluss geprüft.

Die Plan-Insolvenz der Werft könne nun eine neue Basis schaffen, das Instandset­zungsverfa­hren fortzusetz­en, meint der Sprecher des Verteidigu­ngsministe­riums. Aber erst einmal müsse dann auch ein „belastbare­r Zeit- und Kostenrahm­en“vorliegen und man müsse wissen, welche konkreten Handlungsa­lternative­n es gebe.

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FOTO: DPA Ministerin Ursula von der Leyen auf der „Gorch Fock“.
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FOTO: DPA Das Marine-Schulschif­f Gorch Fock im Jahr 2014 beim Auslaufen aus dem Heimathafe­n Kiel.

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