In der Goldrainstraße türmt sich der Müll
Stadt wird illegale Ablagerung jetzt beseitigen – Hier wohnen sozial Schwache und Obdachlose
(möc/rim) - Gelbe Säcke türmen sich in der Goldrainstraße zwischen den Häusern 10 und 12. Ein hässlicher Anblick, denn statt Wertstoffen quillt daraus der Restmüll. Dazwischen liegt Sperrmüll. „So was Extremes ist mir noch nie untergekommen“, sagt Thomas Steidle. „Das hat mich schon schockiert. Es sieht echt schlimm aus.“Am Dienstag kommt alles in einen Container, kündigt der Ordnungsamtsleiter an. Die Stadt beseitigt den Unrat.
Aufgeregt hat der Müllberg schon manchen Bürger. Seit Wochen liege er da, stinke „zum Himmel“, und abends könne man die Ratten beim Durchwühlen beobachten, schreibt Voin Stojanovic auf Facebook. Eine Frau, die täglich mit ihrem Hund im Goldrain spazieren geht, findet: „Die dazu beitragen, sollten sich schämen.“
„Früher war es hier sauber“
Stojanovic hat sich mehrfach über die wilden Müllablagerungen beschwert. Er ist selbst im Goldrain groß geworden und lebt hier immer noch mit seiner Familie. Eigentlich auch gerne, wie er im Gespräch mit der Ipf- und Jagst-Zeitung betont. Wobei sich in den vergangenen Jahren doch einiges verändert habe – nicht zum Guten. „Im Goldrain haben auch schon früher viele Ausländer gelebt. Trotzdem war es damals immer sauber und sicher.“Heute würde Stojanovic das so nicht mehr unterschreiben.
Das liege vor allem an der Goldrainstraße. Hier hat die Stadt in einigen Wohnblöcken Obdachlose und sozial Schwache untergebracht. Ein deutsches Wort höre man hier kaum noch. Die Menschen lebten mehr oder weniger isoliert vom Rest des Stadtviertels. Und sorgen laut Stojanovic vor ihren Häusern für jede Menge Müll. Der Haufen, der sich gerade auftürmt, wachse dort ungefähr seit Neujahr, sagt er.
Der Müll liegt zwischen den Hausnummern 10 und 12. Diese und andere Gebäude hier gehören der Baugenossenschaft Ellwangen. Die Nummern 6 und 8 sollen abgerissen werden, berichtet der geschäftsführende Vorstand Egon Bertenbreiter.
Die Nummern 10 und 12 sind an die Stadt vermietet. Sie bringt dort Menschen unter, „die Wohnraum brauchen, aber selbst auf dem freien Wohnungsmarkt erfolglos sind“, erklärt Steidle. Darunter sind auch Obdachlose. „Wir sind nun einmal als Stadt dafür verantwortlich, dass jeder ein Obdach hat“, so der Ordnungsamtsleiter.
Stojanovic drückt es drastischer aus: „Seitdem die Stadt aus den letzten drei Blöcken einen sozialen Brennpunkt geschaffen hat, ist es so!“Ihn ärgert, dass die Stadt Millionen für die Landesgartenschau ausgeben will, sich aber um die Situation im Goldrain nicht kümmert. „Das interessiert einfach keinen.“Niemand fühle sich zuständig.
Die Abfallgesellschaft GOA ist es tatsächlich nicht. „Säcke, die andere Stoffe enthalten als Wertstoffe, wie zum Beispiel Restmüll oder Problemstoffe, können nicht abgefahren werden“, steht auf ihrem Infoblatt zum Gelben Sack, und selbiges wiederholt die GOA-Pressesprecherin Amanda Hausmann auch gerne mündlich: „Wenn der Inhalt der Gelben Säcke nicht dem entspricht, was sich in einem Gelben Sack befinden darf, dann handelt es sich um eine wilde Müllablagerung“, erklärt sie. „Dann ist die Kommune zuständig.“
Es ist nicht zu übersehen, dass der Inhalt der Gelben Säcke mitnichten den Vorgaben entspricht. Manche sind aufgerissen und geben den Blick frei auf ihren unappetitlichen Inhalt. Kunterbunt dazwischen liegen ein kaputter Kinderwagen, ein Plastikstuhl, Elektrogeräte, ein verdorrter Tannenbaum. Alles nichts für die Wiederverwertung im dualen System, für die der Verbraucher schon beim Kauf eines Produkts bezahlt. Auch als Restmüll sammelt die GOA den hässlichen Berg nicht ein. „Wenn der Abfall in Restmülltonnen oder Zusatzsäcken liegen würde, für die Gebühren bezahlt worden wären, dann ja“, erklärt Hausmann. So nicht.
„Das geht gar nicht“
Die Baugenossenschaft betrachtet sich ebenfalls nicht als zuständig. Jedoch sei klar, dass etwas unternommen werden müsse, betont Bertenbreiter. „Ich habe in 25 Jahren noch keinen solchen Fall erlebt“, sagt er. „Das geht gar nicht.“Seit ungefähr einer Woche sei er informiert, da sei der Haufen noch halb so groß gewesen wie jetzt. Es liefen Gespräche mit der Stadt als Mieterin. Der Baubetriebshof werde aufräumen. „Da tut die Stadt Gutes und stellt Wohnraum zur Verfügung“, ärgert sich Bertenbreiter, und dann sei das der Dank dafür.
Den oder die Verursacher zu schnappen sei fast aussichtslos, sagt Ordnungsamtsleiter Steidle. „Um jemandem eine wilde Müllablagerung zweifelsfrei nachzuweisen, müsste man ihn in flagranti erwischen“, erklärt er. Und das sei höchst unwahrscheinlich. Natürlich fahre die Polizei immer wieder vorbei. Natürlich suche man das Gespräch mit den Hausbewohnern, informiere immer wieder über Abfallentsorgung. Und beseitige bewusst die wilden Müllablagerungen nicht sofort. „Sonst denken die Leute, sie machen es so richtig, denn es funktioniert ja.“Bei Lösungen könne nur gelten: „Steter Tropfen höhlt den Stein.“
Stojanovic sieht das anders. Die Stadt habe den Fehler begangen, eine bestimmte Klientel geballt an einem Standort anzusiedeln. „Diese Menschen müssen aber auf die Stadt verteilt werden. Es muss so was wie soziale Kontrolle geben“, ist er überzeugt. Eine Userin auf Facebook unkt: „Leider kann man den Bewohnern sagen, was man will. Das sieht in einer Woche wieder so aus.“