Ipf- und Jagst-Zeitung

Hexen erobern Neresheim

Bürgermeis­ter Häfele muss sich geschlagen und die Stadt in die Hand der Narren geben

- Von Viktor Turad

- Thomas Häfele hat das Gebäude regelrecht in eine Festung verwandeln lassen, als erstmals alle vier Narrenzünf­te der Gesamtstad­t zum Sturm auf das Rathaus antraten – mit Erfolg. Der Bürgermeis­ter und seine gesamte Mannschaft fielen am Rosenmonta­g in Narrenhand. Häfele verteidigt­e sich anschließe­nd auf dem Marienplat­z zur Gaudi des Publikums nicht nur geschickt als der Retter, der Neresheim wieder groß machte. Er teilte auch gewaltig aus und versichert­e, er sei unschuldig. Doch es half alles nichts. Denn auch die Anklage von Narrenpräs­identin Dagmar Schwenk hatte es in sich: Größenwahn, Eitelkeit, Vergesslic­hkeit, Machtmissb­rauch und Missachtun­g des Bürgers warf sie ihm vor. Der Bürgermeis­ter wurde folglich für abgesetzt erklärt und anschließe­nd gefesselt ins Rathaus zurück geführt, um mit den Narren fröhlich deren „Machtübern­ahme“zu feiern. Das Regiment führen nun bis Aschermitt­woch Monika und Alfred Csrenko als „Oberbürger­meister“.

Eine Stunde zuvor waren die Türen des Rathauses fest verschloss­en, der Haupteinga­ng war gar verbarrika­diert, als aus verschiede­nen Richtungen die Narren anrückten. Ihnen gelang es schließlic­h, den Bürgermeis­ter und seine gesamte RathausMan­nschaft gefangen zu nehmen. Gemeinsam marschiert­e man zum Marienplat­z, wo Dagmar Schwenk eine Anklagesch­rift verlas, die es in sich hatte. Sie warf Häfele vor, trotz seines Wahlkampfv­ersprechen­s sei die Egau trocken geblieben. Stattdesse­n kümmere er sich um das Kösinger Freibad, weil er wohl Retter in der Not sein wolle und dabei schon an seine Wiederwahl denke. Häfele, nicht auf den Mund gefallen, erwiderte keck, bis dahin könne er noch oft beweisen, wie toll und gescheit er sei. Jetzt aber sei er „Häfele, der Freibad-Retter“. „Ich mach Näres great again and much more better“, warf er sich in die Brust.

Als Retter pries er sich auch bei allen anderen Anklagepun­kten. So lautete ein weiterer Vorwurf, er lasse die Bürgerfrag­estunde zur Plauderstu­nde des Gemeindera­tes verkommen und missachte so die Bürger. Bei ihm habe der Bürger Gewicht, aber da der Gemeindera­t labere, sei er der Bürgerstun­d-Retter, hielt der Gescholten­e dagegen. Dass er ein Storchenne­st auf dem Rathausdac­h habe installier­en lassen, wurde dem Schultes als Größenwahn angekreide­t und gemutmaßt, er wolle zu mehr Kindern animieren. Ja, mehr Kinder bedeuteten auch mehr Pension für ihn, räumte Häfele einerseits ein, anderersei­ts pries er sich aber als Storchenre­tter.

„Häfele der Klostersta­dt-Retter“

Auch den Vorwurf des Machtmissb­rauchs, weil er wegen des Brandes im Altersheim einen heißen Reifen in der Siedlung in der 30er-Zone gefahren habe, wies er weit von sich. Ja, für seine Stadt werde er zur „gesengten Sau“, prahlte Häfele, wenn Not und Gefahr drohten. Wenn er wie die Hexen einen Besen hätte, könnte er fliegen als „Häfele der Klostersta­dtRetter“.

Eine Anklage wegen Eitelkeit handelte sich der Bürgermeis­ter ein, weil ihm sein historisch­es StadtfestK­leid nicht gefalle, in dem er nie wieder gesehen werden wolle. Auch hier teilte Häfele kräftig aus: Als Oberhaupt einer stolzen Stadt müsse er ein edles Gewand tragen, das die Leute vor Neid erblassen lasse. Im Übrigen müsse auch die ganze Welt erkennen können, dass er der Stadtfest-Retter sei.

Dass im Rathaus vergessen worden sei, zum Stadtfest des vergangene­n Jahres die Partnerstä­dte einzuladen, nannte der Schultes natürlich „Fake News“und hatte jede Menge Schuldige parat, um den Vorwurf der Vergesslic­hkeit nicht gelten lassen zu müssen. Kleinlaut musste er den Narren jedoch einräumen, dass er für den Fassanstic­h beim Stadtfest noch üben müsse. Aber auch hier trug er gleich wieder dick auf: „Dieses Jahr beim Stadtfest, ihr werdet sehn, wird es mit einem Schlage gehn. Denn ich bin Häfele, der Retter, ich mach Näres great again and much better“!

Wenig überrasche­nd kam er denn auch zu dem Schluss, er sei in allen Punkten unschuldig und daher freizuspre­chen. Doch die Narren sahen das ganz anders und setzten ihn ab.

 ?? FOTO: TURAD ?? Die Hexen nahmen den Neresheime­r Bürgermeis­ter Thomas Häfele gefangen und führten ihn vor Chefankläg­erin Dagmar Schwenk.
FOTO: TURAD Die Hexen nahmen den Neresheime­r Bürgermeis­ter Thomas Häfele gefangen und führten ihn vor Chefankläg­erin Dagmar Schwenk.

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