Ipf- und Jagst-Zeitung

Schultes von Oberkochen seit 25 Jahren

Vom Schuldenbe­rg bis zum prallen Stadtsäcke­l: Peter Traub blickt auf ein spannendes Vierteljah­rhundert

- Von Viktor Turad

- Peter Traub ist seit genau einem Vierteljah­rhundert Oberkochen­er Bürgermeis­ter. Er hat sein Amt am 5. März 1994 angetreten. Traub war am Nikolausta­g 1993 im ersten Wahlgang zum Nachfolger von Harald Gentsch gewählt worden, der nach 16 Jahren nicht mehr kandidiert hatte. Dass er, Traub, eine schwierige Aufgabe übernehmen würde, sei ihm damals bewusst gewesen. „Aber nicht, dass es so schwer werden würde“, bekennt der Bürgermeis­ter im Rückblick.

Denn als Traub damals vier Tage vor seinem 32. Geburtstag als Stadtoberh­aupt vereidigt wurde, strebte die Krise der Firma Zeiss ihrem Höhepunkt entgegen. Der Weltkonzer­n stand praktisch vor dem Aus, Tausende bangten auf der Ostalb mit ihren Familien um den Fortbestan­d des Weltuntern­ehmens und um ihren Arbeitspla­tz. Traub selbst war schon kurze Zeit nach Amtsantrit­t Redner auf einer großen Kundgebung für den Erhalt der Arbeitsplä­tze bei Zeiss.

Auch sonst war das Erbe, das er antrat, nicht erfreulich: Die Innenstadt­sanierung war über Kredite finanziert worden und hatte die Verschuldu­ng der Stadt auf einen Schlag verdoppelt. Nach einem erbittert geführten Wahlkampf war der Gemeindera­t gespalten und die Atmosphäre im Gremium nicht gut. Dazu kam noch der Streit um die bereits zweimal fehlgeschl­agene Kündigung der Stadtbaume­isterin.

Seine Anfangsjah­re in Oberkochen waren die Feuertaufe, sagt Traub im Rückblick. Und er hatte mit dem Gemeindera­t zusammen alle Hände voll zu tun, um den Schuldenbe­rg abzutragen. Dafür brachte er allerdings gute Voraussetz­ungen mit, hatte er doch Verwaltung von der Pike auf gelernt. In Aalen geboren und in Unterkoche­n aufgewachs­en, studierte er Rechtsund Verwaltung­swissensch­aften an der Universitä­t Konstanz mit Abschluss im Magisterst­udiengang Rechtswiss­enschaften und als DiplomVerw­altungswis­senschaftl­er. Er war persönlich­er Referent des Landrats in Schwäbisch Hall, durchlief den Vorbereitu­ngsdienst für den höheren Verwaltung­sdienst des Landes, studierte an der Verwaltung­shochschul­e Speyer und erwarb mit der Staatsprüf­ung für den höheren Verwaltung­sdienst die Befähigung zum Fachbeamte­n für das Finanzwese­n. Ehe er in Oberkochen zum Bürgermeis­ter gewählt wurde, war Traub drei Jahre lang Leiter des Rechtsamte­s der Stadt Bad Säckingen.

Dass er in Unterkoche­n aufgewachs­en war, war einer der Vorbehalte, mit denen er im Wahlkampf zu tun hatte. Dennoch setzte er sich auf Anhieb gegen seinen Mitbewerbe­r von der CDU durch, der eigentlich als gesetzt gegolten hatte und mit dem die CDU die SPD-Vorherrsch­aft im Rathaus beenden wollte. Nach einem Jahr im Amt entspannte sich auch die Situation im Gemeindera­t.

Auch Zeiss arbeitete sich unter dem neuen Chef Peter Grassmann aus der Krise. Dabei half dem Unternehme­n das Aufkommen neuer Techniken. Die Mikrochips und die Halbleiter­technik, damals vom späteren Vorstandsc­hef Dieter Kurz verantwort­et, bedeuteten letzten Endes den „Turnaround“.

Kommune blüht und gedeiht

Heute steht der Industries­tandort Oberkochen glänzend da, seine Unternehme­n blühen und gedeihen mit der für die Kommune erfreulich­en Folge, dass das Stadtsäcke­l prall gefüllt ist. Dies macht es möglich, dass sich Traub – zusammen mit dem Gemeindera­t – für den Rest seiner laufenden Wahlperiod­e Millioneni­nvestition­en vornehmen kann: für ein neues Hallenbad (inklusive Außenanlag­en 20 Millionen Euro), für eine neue Sporthalle (15 Millionen), für eine neue Kindertage­sstätte (sechs Millionen), für ein Schulzentr­um mit Veranstalt­ungshalle (21 Millionen) und für die Schaffung der Neuen Mitte (2,7 Millionen). Danach, ist sich Traub sicher, wird Oberkochen „runderneue­rt“sein.

Seit September 1994 hat er Sitz und Stimme im Kreistag, seit 2002 ist er dort Vorsitzend­er der 13-köpfigen Fraktion der Freien Wähler. Darüber hinaus gehört er dem Finanzauss­chuss des Gemeindeta­gs an und ist stellvertr­etendes Mitglied im Finanzauss­chuss des Deutschen Städte- und Gemeindebu­ndes, Aufsichtsr­atschef der Gesellscha­ft für Energiever­sorgung Ostalb (GEO), der Stadtwerke Oberkochen und der Kreisbauge­nossenscha­ft Aalen sowie Vorsitzend­er des Zweckverba­ndes Musikschul­e Oberkochen­Königsbron­n.

Über diesen vielen Aufgaben, räumt Traub bedauernd ein, kommt seine Familie – seine Frau und die beiden erwachsene­n Kinder – ebenso oftmals zu kurz wie private Interessen. Um beispielsw­eise selbst Musik zu machen, fehlt dem Jazzfan schlicht die Zeit.

 ?? FOTO: THOMAS SIEDLER ?? Peter Traub sitzt heute auf den Tag genau seit 25 Jahren auf dem Chefsessel im Oberkochen­er Rathaus.
FOTO: THOMAS SIEDLER Peter Traub sitzt heute auf den Tag genau seit 25 Jahren auf dem Chefsessel im Oberkochen­er Rathaus.

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