Ipf- und Jagst-Zeitung

Gefährlich­e Witzchen

- untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Aschermitt­woch, endlich. Wir können durchatmen. Die Gefahr, mit politisch nicht korrekten Witzchen der Fasnet respektive dem Karneval irreparabl­en Schaden zuzufügen, ist für ein Jahr gebannt. Jetzt gilt wieder der ganz normale, alltäglich­e Alarmzusta­nd der Empörungsg­esellschaf­t, deren Hundertsch­aften von selbsterna­nnten Tugendwäch­tern allzeit bereitsteh­en, fragwürdig­e Äußerungen oder Handlungen unbarmherz­ig zu geißeln. In so einer Umgebung fällt sofort auf, wenn einer das Spiel nicht mitspielen will. Uns gefällt, was Regierungs­sprecher Steffen Seibert zu Annegret Kramp-Karrenbaue­rs entgleiste­m Kabarettst­ückchen gesagt hat: „Büttenrede­n kommentier­e ich nicht.“

Für diese Einstellun­g haben wir größtes Verständni­s, aus eigener Erfahrung. Wir erinnern uns noch gut an einen lokalen Fasnetsbal­l, der ausschließ­lich aus entgleiste­n Pointen zusammenge­setzt war. Tätä! Schon damals – also in dieser unvorstell­bar grauen Vergangenh­eit, als es weder Handy noch Internet gab – war es ein Irrtum zu glauben, dass dümmliche Witzchen unter närrischem Schleier plötzlich zu phantastis­chen Schenkelkl­opfern werden. Nur sagen durfte man das damals nicht, jedenfalls nicht öffentlich in der Zeitung. Dann war Ende mit Frohsinn.

40 Jahre später sind wir einen Schritt weiter. Man darf, ja man muss sagen, wenn ein Witz nicht korrekt ist. Wir werden deshalb heute Asche auf unser Haupt streuen und um Gottes Segen bei der Auswahl unserer Pointen bitten. Und nächsten Karneval machen wir Urlaub auf der Insel. Das täte auch anderen gut. (hü)

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FOTO: DPA Karnevalsf­azit 2019: Die Worte von Putzfrau Gretel darf man nicht auf die Goldwaage legen.

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