Trump feiert Urteil gegen Manafort
Paul Manafort ist abgestürzt – muss aber nur knapp vier Jahre lang ins Gefängnis
(AFP) - US-Präsident Donald Trump hat das unerwartet milde Urteil gegen seinen früheren Wahlkampfleiter Paul Manafort wie einen Sieg gefeiert. Sowohl der Richter als auch Manaforts Verteidiger hätten „laut und deutlich“erklärt, dass es keine Absprachen mit Russland gegeben habe, schrieb Trump am Freitag auf Twitter.
- Er ist nur noch ein Schatten seiner selbst, der gesundheitlich angeschlagene Mann, der im Albert V. Bryan Courthouse vor dem Richter sitzt. Das Laufen fällt Paul Manafort schwer, er braucht einen Rollstuhl, ein Stock liegt bereit, falls er doch einmal ein paar Schritte geht. Die Gesichtszüge zerfurcht, das Haar ergraut, wirkt er, als wäre er um mindestens zehn Jahre gealtert im Vergleich zum Sommer 2016.
Damals hatte er den Olymp seiner Beraterkarriere erklommen. Hinter den Kulissen führte er Regie, als die Republikaner Donald Trump im Konfettiregen ihres Parteitags in Cleveland ins Rennen ums Weiße Haus schickten. Ein Profi, der Präsidentschaftskandidaten wie Gerald Ford, Ronald Reagan und George Bush beraten hatte und nun Trumps Wahlkampfteam leitete. Statt vom Ruhm des gefeierten Strategen zu zehren, daraus klingende Münze zu schlagen, wie er gehofft hatte, trägt er Sträflingskleidung. Einen grünen Einteiler, der ihn, durch Großbuchstaben auf dem Rücken, als Insassen des Gefängnisses von Alexandria ausweist, einer Satellitenstadt am Rande Washingtons.
Scham, aber keine Reue
Die letzten zwei Jahre, sagt Manafort, bevor das Strafmaß verkündet wird, seien für ihn und seine Familie die schlimmsten gewesen. Beruflich wie finanziell liege sein Leben in Scherben. „Zu sagen, dass ich mich gedemütigt und beschämt fühle, wäre eine krasse Untertreibung.“Worauf der Richter, der in den Achtzigern von Reagan ernannte Thomas Selby Ellis, entgegnet, er habe vermisst, dass der Angeklagte Reue erkennen lasse. Wegen der sechs Millionen Dollar Steuern, die er hinterzogen habe: „Dem Wesen nach haben Sie jedem Geld gestohlen, der seine Steuern bezahlt.“Gemessen an den 19 bis 24 Jahren Gefängnis, die dem Gesetz nach möglich wären, fällt Ellis ein überraschend mildes Urteil: 47 Monate Freiheitsentzug. Abgesehen von seinen Straftaten, begründet er, habe Manafort ein untadeliges Leben geführt.
Kein Wunder, dass es Einspruch hagelt, auch von einigen der prominentesten Rechtsgelehrten des Landes. Ein Mann mit Beziehungen, bestens vernetzt in den konservativen Kreisen der Politik, so der Tenor, werde mit Samthandschuhen angefasst, während andere, weniger Privilegierte die volle Härte des Gesetzes zu spüren bekämen. Schon lange nicht mehr habe ihn die Vorzugsbehandlung eines „reichen, weißen Burschen“dermaßen angewidert, meldet sich Laurence Tribe zu Wort, Verfassungsrechtler der Universität Harvard, in dessen Vorlesungen auch Barack Obama einst saß. „Ich bin wirklich sauer“, protestiert der Senator Cory Booker, einer der Demokraten, die sich für das Jahr 2020 fürs Oval Office bewerben. „Einer meiner Freunde sagt immer, wir haben ein Justizsystem, das dich besser behandelt, wenn du reich und schuldig bist, statt arm und unschuldig zu sein.“Dieser Annahme könne er kaum widersprechen.
Die Strafe im Fall Manafort war auch deshalb mit solcher Spannung erwartet worden, weil die USA dem Abschlussbericht Robert Muellers, des Sonderermittlers der Russlandaffäre, entgegenfiebert. Es waren Muellers Detektive, die Manafort auf die Schliche kamen und so viele Beweise sammelten, dass der PublicityExperte wegen Geldwäsche und Steuerhinterziehung auf der Anklagebank landete. Um Muellers eigentlichen Auftrag – herauszufinden, ob es zwischen Trumps Wahlkampfteam und dem Kreml geheime Abmachungen gab – ging es aber nicht bei diesem Prozess. Nichts von dem, weshalb Manafort vor Gericht stehe, habe mit Geheimabsprachen mit der russischen Regierung zu tun, brachte es Ellis zum Schluss noch einmal auf den Punkt.
60 Millionen auf Offshore-Konten
Gleichwohl erhellte das Verfahren, mit welchen Charakteren Trump sich umgab, als er den Kandidatenwettlauf der Republikaner so gut wie gewonnen hatte und das Finale mit Hillary Clinton ansteuerte. Manafort, dem er im Mai 2016 die Leitung seiner Kampagne anvertraute, hatte mit seiner Beratertätigkeit für Wiktor Janukowitsch, den prorussischen Präsidenten der Ukraine, enorme Summen verdient. Laut Staatsanwaltschaft kassierte er rund 60 Millionen Dollar dafür, dass er Janukowitschs Partei der Regionen ein modernes, im Westen akzeptables Image verpasste. Das Geld parkte er größtenteils auf Offshore-Konten, auf Zypern wie in der Karibik. Ab und an überwies er Tranchen in die USA, um in New York Immobilien zu kaufen und in den teuersten Boutiquen Maßanzüge zu bestellen. Oder einmal auch, wohl um zu zeigen, dass er sich Extravagantes leisten kann, eine Straußenlederjacke.