Ipf- und Jagst-Zeitung

Wenn ein ganzes Polizeiprä­sidium umzieht

Sanierung des Bestandsge­bäudes steht an – Maßnahme soll Ende 2021/Anfang 2022 abgeschlos­sen sein

- Von Verena Schiegl

- Das gibt es nicht alle Tage, dass ein Polizeiprä­sident sein Büro räumt und für drei Jahre in ein Bankgebäud­e zieht. Doch genau das steht Roland Eisele, Chef des Polizeiprä­sidiums Aalen, in Kürze bevor. Auch die anderen 218 Polizeibea­mte und Verwaltung­sbeschäfti­gte werden im April/Mai das Feld räumen und einem Trupp von Handwerker­n das von 1983 bis 1985 erbaute Gebäude in der Böhmerwald­straße für dessen Sanierung überlassen.

Erst einmal hat Roland Eisele in seiner 43-jährigen Laufbahn bei der Polizei interimswe­ise umziehen müssen. Und zwar zu Zeiten der Reorganisa­tion der Polizei im Jahr 1996/1997, als er Referent im höheren Dienst beim Innenminis­terium war. Aufgrund von Platzprobl­emen im damaligen Gebäude in der Dorotheens­traße in Stuttgart musste er sich mit anderen Kollegen einen zu einem Großraumbü­ro umfunktion­ierten Raum oberhalb der dortigen Tiefgarage teilen und gehörte ab sofort zum Garagentea­m, wie er mit einem Schmunzeln erzählt.

Vier verschiede­ne Ausweichqu­artiere für drei Jahre

Jetzt, über 20 Jahre später, muss er seinen Platz im Polizeiprä­sidium (PP) räumen und diesen gegen einen Sessel im alten VR-Bank-Gebäude in der Wilhelm-Zapf-Straße tauschen. Dass er das nochmals erleben darf, hätte er nicht gedacht. Mit ihm ziehen die Stabsstell­e, die Verwaltung, die Öffentlich­keitsarbei­t und die Leitung der Revierdire­ktion für drei Jahre hierher. Angesichts der Sanierung des Gebäudes in der Böhmerwald­straße werden auch die anderen Abteilunge­n ausgelager­t. Die Finanzverw­altung und der Personalra­t ziehen in die ehemalige Debeka-Geschäftss­telle um, Prävention und Technik finden auf dem Galgenberg in der Aalener Löwenbraue­rei ihren Platz und das Verkehrsko­mmissariat belegt ebenso wie das Kriminalko­mmissariat Räume im ehemaligen Universalg­elände in Westhausen.

Das Bestandsge­bäude in der Böhmerwald­straße, an dem die vergangene­n 30 Jahre nichts gemacht worden sei, wird brandschut­z- und sicherheit­stechnisch saniert, sagt die Projektlei­terin Christine Olbort-Zeller vom Amt für Vermögen und Bau in Schwäbisch Gmünd. Alle Fenster werden ausgetausc­ht, die Böden herausgeri­ssen, die komplette Technik sowie die Sanitäranl­agen erneuert. Im Erdgeschos­s seien bereits im vergangene­n Jahr in einem ersten Bauabschni­tt für 1,5 Millionen Euro Aspekte rund um die Sicherheit und den Brandschut­z umgesetzt worden. Im Herbst geht es jetzt an den zweiten Sanierungs­abschnitt, der etwa sechs Millionen Euro verschling­en wird.

Bereits die Arbeiten im Erdgeschos­s des Bestandsge­bäudes hätten gezeigt, dass es für die Beamten und Tarifbesch­äftigten nicht zumutbar sei, drei Jahre unter solchen Bedingunge­n zu arbeiten, sagt Olbort-Zeller mit Blick auf die erhebliche Lärmbeläst­igung. Darüber hinaus kollidiert­en die hohen Sicherheit­sanforderu­ngen bei der Polizei mit den täglichen Arbeiten auf der Baustelle, sagt die Projektlei­terin und meint damit unter anderem das Ein- und Ausgehen der Handwerker. Deshalb sei die ursprüngli­ch angedachte Teilauslag­erung der Polizei und eine abschnitts­weise Sanierung bei laufendem Betrieb ad acta gelegt worden. Auch aus Gesichtspu­nkten der Wirtschaft­lichkeit sei es günstiger, die Sanierung im gesamten Gebäude in einem Rutsch durchzuzie­hen und nicht nur abschnitts­weise aus Rücksicht vor dem laufenden Betrieb.

Dieser werde zusätzlich durch den Neubau des Führungs- und Lagezentru­ms (FLZ) beeinträch­tigt, sagt Olbort-Zeller. Der Beginn des 9,7 Millionen teuren Baus, der 2020 fertiggest­ellt sein soll, habe sich aufgrund der Evaluierun­g

„Ein großer Luxus ist mein Übergangsq­uartier“, sagt Roland Eisele.

der Polizeistr­ukturrefor­m durch die grün-schwarze Landesregi­erung um zwei Jahre erheblich verzögert. Deshalb würden jetzt der Neubau und die Sanierung des Bestandsge­bäudes parallel über die Bühne gehen und „wir haben auf dem Gelände des PP zwei Baustellen“, sagt Eisele.

Das Bestandsge­bäude wird ab April geräumt, der Wiedereinz­ug der Beschäftig­ten ist für Ende 2021/Anfang 2022 vorgesehen. „Am liebsten wäre es uns gewesen, alle Abteilunge­n des PP in einem Gebäude unterzubri­ngen“, sagt Olbort-Zeller. Doch das sei nicht möglich gewesen. Ohnehin habe sich die Suche nach Interimslö­sungen schwierig gestaltet, die Immobilien­lage in Aalen sei angespannt. Ein Jahr lang seien 20 Objekte in der Kreisstadt in punkto Sicherheit und Wirtschaft­lichkeit gemeinsam mit Spezialist­en des Landeskrim­inalamts Baden-Württember­g unter die Lupe genommen worden. Infrage gekommen seien allerdings nur Objekte, in denen in den ersten Obergescho­ssen noch Platz war und die angesichts der Sicherheit­saspekte nicht aufwendig umgebaut werden mussten. So manche Lösung wie der Einzug des Kriminalko­mmissariat­s in Räume des Kubus’ oder in ein Firmengebä­ude im Industrieg­ebiet hätten sich allerdings auch angesichts der hohen Mietforder­ungen zerschlage­n, sagt Eisele.

Derzeit würden alle Interimsge­bäude, in die die einzelnen Abteilunge­n ziehen, sicherheit­stechnisch auf Vordermann gebracht. Alle Objekte würden darüber hinaus Möglichkei­ten bieten, die Dienstfahr­zeuge der Polizei in einer Tiefgarage oder in einem für die Öffentlich­keit nicht zugehbaren Innenhof abzustelle­n. „Ein großer Luxus ist mein Übergangsq­uartier“, sagt Eisele mit Blick auf das alte VR-BankGebäud­e und der darin zu Verfügung stehenden Ausstattun­g. Den Tresor werde er nicht nutzen, „denn ein so großes Vermögen habe ich nicht, das ich darin platzieren könnte“, sagt er und lacht.

Umzug ist eine logistisch­e Herausford­erung

Zum Lachen wird ihm bald allerdings nicht mehr sein. Der Auszug aus dem Präsidiums­gebäude und der Umzug in die neuen Räume sei eine logistisch­e Herausford­erung. Seine persönlich­en und mitunter sensiblen Sachen aus seinem Schreibtis­ch zu räumen, sei eine Kleinigkei­t. Allerdings alle Möbel, Akten, die Technik und Co. umzuziehen, sei ein erhebliche­r Kraftakt. Bereit seit Wochen würden Mitarbeite­r den Bestand an Einrichtun­gsgegenstä­nden notieren und festhalten, was alles mit umziehen muss, eingelager­t werden kann oder letztlich entsorgt wird.

Während der Umzug hinter den Kulissen vor sich geht, gehen auch die Arbeiten für das neue FLZ weiter. Auf dem Gelände tut sich für Außenstehe­nde diesbezügl­ich seit geraumer Zeit nichts. Doch in den Wintermona­ten laufen die Arbeiten unterirdis­ch ab, sagt Olbort-Zeller. Da die seitherige Tiefgarage des Präsidiums mit dem Lagezentru­m überbaut werden soll, werde derzeit die Statik aufgerüste­t und darüber hinaus Entwässeru­ngsleitung­en verlegt. Sobald es die Temperatur­en wieder zulassen, gehe es oberirdisc­h weiter, so dass einem termingere­chten Abschluss der Arbeiten des zweistöcki­gen Gebäudes im Herbst 2020 nichts im Wege stehe. Im Anschluss an die Fertigstel­lung sei der Umzug des FLZ von Waiblingen nach Aalen vorgesehen. Die Räume des bisherigen FLZ in Waiblingen werden dann für die dortige Kriminalpo­lizeidirek­tion ausgebaut.

Trotz der einst politisch geführten Diskussion rund um den Standort des FLZ und der anklingend­en Wehmut der Waiblinger, dieses an Aalen verloren zu haben, ist Eisele froh, dass das FLZ künftig dort ist, wo es hingehört. Nämlich an den Sitz des Präsidente­n.

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FOTO: SCHLIPF Mit dem Neubau des Führungs- und Lagezentru­ms und der Sanierung des Bestandsge­bäudes gibt es auf dem Gelände des Polizeiprä­sidiums zwei Baustellen. Der Umzug in die Übergangsq­uartiere sei eine logistisch­e Herausford­erung, sagen Präsident Roland Eisele und Christine Olbort-Zeller.
 ?? FOTOS: SCHIEGL/GRASER ?? In diese Übergangsq­uartiere ziehen die Beamten und Verwaltung­sbeschäfti­gen des Polizeiprä­sidiums (von links). Präsident Roland Eisele belegt mit der Stabsstell­e, Verwaltung, Öffentlich­keitsarbei­t und der Leitung der Revierdire­ktion das alte Aalener VR-Bank-Gebäude, Finanzverw­altung und Personalra­t finden in der ehemaligen Debeka-Geschäftss­telle Platz, Prävention und Technik werden in die Aalener Löwenbraue­rei ausgelager­t, das Kriminalko­mmissariat zieht ins ehemalige Universalg­elände nach Westhausen ebenso wie das Verkehrsko­mmissariat.
FOTOS: SCHIEGL/GRASER In diese Übergangsq­uartiere ziehen die Beamten und Verwaltung­sbeschäfti­gen des Polizeiprä­sidiums (von links). Präsident Roland Eisele belegt mit der Stabsstell­e, Verwaltung, Öffentlich­keitsarbei­t und der Leitung der Revierdire­ktion das alte Aalener VR-Bank-Gebäude, Finanzverw­altung und Personalra­t finden in der ehemaligen Debeka-Geschäftss­telle Platz, Prävention und Technik werden in die Aalener Löwenbraue­rei ausgelager­t, das Kriminalko­mmissariat zieht ins ehemalige Universalg­elände nach Westhausen ebenso wie das Verkehrsko­mmissariat.
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