Mit der richtigen Jacke
Trainer Weinzierl scheint nach 17 Spielen in Stuttgart angekommen – nicht nur modisch
- Die Waschmaschine von VfB Stuttgarts Trainer Markus Weinzierl ist vermutlich nicht defekt. Auch liegt es nicht ausschließlich daran, dass die fesche Weiß-rotKombination dem eher dunklen Teint des 44-Jährigen besonders schmeicheln würde. Der Hauptgrund, weshalb der VfB-Trainer am Donnerstag bereits zum dritten Mal hintereinander bei der Pressekonferenz vor einer Partie die gleiche Trainingsjacke getragen hat, ist simpler Aberglaube. Seit er, der sich zuvor munter aus dem breiten Angebot des VfB-Fanshops bediente, das schlichte weiße Modell „Stadion Jacke 18/ 19“trägt, hat der immer noch stark abstiegsgefährdete Club immerhin in zwei Spielen nicht mehr verloren. Deshalb wechselt der abergläubische („Relativ – relativ sehr“) Straubinger sein Outfit nicht mehr. Und so bleibt Weinzierl auch vor dem Auftritt am Samstag (15.30 Uhr/Sky) bei Tabellenführer Borussia Dortmund seiner Jacke treu.
Allgemein schienen die dunklen Wolken über dem Cannstatter Wasen in den letzten Tagen wie weggeblasen. Ein durchaus attraktiver Auftritt bei Werder Bremen (1:1) und ein Kantersieg (5:1) gegen desolate Hannoveraner, die richtige Jacke des Trainers – und schon herrscht wieder Hoffnung am Wasen. Doch macht nicht nur die Kleiderwahl des Trainers Mut. Vielmehr scheint er nach über fünf Monaten im Verein endlich angekommen. Seit 17 Partien steht er nun an der Seitenlinie des VfB. Eine Halbserie. Doch ist die Zwischenbilanz nicht so rosig, wie es die derzeitige Laune suggeriert.
Denn mit 14 Punkten aus 17 Partien ist die Punkteausbeute ähnlich desolat wie bei Vorgänger Tayfun Korkut. Doch weil die Konkurrenz aus Nürnberg und Hannover noch desaströser unterwegs ist, dürften die Stuttgarter zumindest den 16. Rang sicher haben. „Ich bin natürlich mit der Situation nicht zufrieden. Aber wir waren im Oktober 18., an Weihnachten noch hinten drin – und jetzt sind wir auf dem Relegationsplatz“, sagt Weinzierl. „Wir haben Fahrt aufgenommen. Am Ende zählt, ob wir unser Ziel erreichen oder nicht, da müssen wir alles dransetzen.“
Doch scheint das beim bedächtigen, ruhigen und ehrlichen Weinzierl keine Augenwischerei zu sein, um seinen Job zu sichern. Nach einer langwierigen Findungsphase – taktisch und personell – scheint der Trainer nun endlich eine Stammformation sowie funktionierende Ausrichtung gefunden zu haben. „Ich hatte mir gewünscht, dass es schneller fruchtet. Dem war nicht so, jetzt müssen wir schauen, dass wir es gut zu Ende bringen“, sagt Weinzierl. In der neuen 5-3-2-Grundordnung mit flexibler Ausrichtung blühen nun vor allem die – vom geschassten Sportvorstand Michael Reschke geholten – Winterzugänge auf. Ozan Kabak, Steven Zuber und Alexander Esswein geben der Mannschaft, was ihr lange abging. „Wir glauben, eine Formation und Mannschaft gefunden zu haben, die die richtige Mentalität und Einstellung hat“, so Weinzierl. Ob er anders arbeite, seit Thomas Hitzlsperger von Michael Reschke übernommen hat? Nein, beteuert Weinzierl.
Gewohnter Spätstarter
Vielmehr war Weinzierl bisher bei allen seinen Bundesliga-Stationen ein Spätstarter. Den FC Augsburg führte er nach nur neun gewonnenen Punkten aus der Hinrunde noch zum Klassenerhalt und in der Folgesaison auf Platz acht. Auf Schalke setzte es zum Start gleich fünf Niederlagen, am Ende stand immerhin der zehnte Platz in der Liga. Hoffnung für den VfB macht also mehr als nur die Weinzierl’sche Glücksjacke. Auch der Betreffende selbst sagt: „Ich habe die aber auch in den ersten Tagen und Wochen hier angehabt, von daher habe ich sie ganz unten wieder rausgeholt.“Bei einem Erfolg beim BVB kann das nächste Pressekonferenz-Outfit dennoch ziemlich sicher vorausgesagt werden.