Goldener Lohn eines mutigen Wechsels
Denise Herrmann, bis 2016 Langläuferin, gewinnt bei der Biathlon-WM die Verfolgung
(dpa/SID) - Die neue Weltmeisterin Denise Herrmann hatte noch genügend Kraft für ausgelassenen Jubel, Laura Dahlmeier war nach dem nächsten Bronze-Coup „ganz schön kaputt“. Gleich zwei Medaillen sicherten sich die deutschen Vorzeigebiathletinnen am Sonntag in der WM-Verfolgung von Östersund und fielen sich anschließend glücklich in die Arme. Während die ehemalige Langläuferin Herrmann sensationell zum ersten Mal Gold holte und ihre zweite Laufbahn krönte, setzte Dahlmeier ihren starken Lauf mit der 13. WM-Medaille in Serie fort.
„Es ist unglaublich, das war ein perfekter Tag für mich. Ich bin so stolz auf das, was heute passiert ist. Ich bin so froh, dass mir so etwas Großes gelungen ist“, sagte Herrmann. „Dass sogar zwei Deutsche auf dem Podest sind, ist einfach nur verrückt.“Auch von zwei Schießfehlern ließ sich die Sächsin nicht aus der Ruhe bringen und lief mit mehr als einer halben Minute Vorsprung ins Ziel. Dabei hielt sich die 30-Jährige, die zum Auftakt schon Silber mit der deutschen Mixed-Staffel geholt hatte, zunächst fassungslos die Hände vors Gesicht.
„Dass es so ausgeht, hätten wir uns nicht erträumen lassen. Denise und Laura haben die Fehler der anderen ausgenutzt“, sagte Bundestrainer Kristian Mehringer: „Die Arbeit die ganze Saison über hat sich gelohnt. Dass wir jetzt hier die Medaillen bekommen, zeigt, dass wir vieles richtig gemacht haben.“Nach Mixed-Silber und Bronze für Dahlmeier im Sprint waren es in Mittelschweden bereits die Medaillen Nummer 3 und 4 für den Deutschen Skiverband.
Zu viele Fehler bei den Männern
Die Männer hingegen warten weiter auf das erste Edelmetall. Erik Lesser hatte am Samstag Platz acht im Sprint belegt und war auch in der Verfolgung als Elfter bester DSV-Athlet. Der Thüringer landete mit drei Schießfehlern knapp vor Benedikt Doll (12./vier Fehler) und Arnd Peiffer (13./vier). „Das ist sicher kein schlechtes Ergebnis, aber es waren doch zu viele Fehler. Jeweils zwei, um genau zu sein“, sagte Chef-Bundestrainer Mark Kirchner.
Gold sicherte sich überraschend der Ukrainer Dmytro Pidruschni. Der Norweger Johannes Thingnes Bø verpasste sein mögliches drittes Gold durch drei Patzer im letzten Schießen musste sich mit Silber begnügen, sicherte sich aber vorzeitig den Gesamtweltcup. Bronze ging an Quentin Fillon Maillet aus Frankreich.
Für Denise Herrmann, die 2014 mit der Langlauf-Staffel noch OlympiaBronze gewonnen hatte, war es der vierte Karrieresieg bei den Skijägern. Dahlmeier kämpfte trotz eines Schießfehlers bis zum Schluss um den ersten deutschen WM-Doppelerfolg seit 2009, aber am Ende musste sie sich denkbar knapp – um 0,2 Sekunden – der Norwegerin Tiril Eckhoff geschlagen geben. „Ich bin sehr happy, dass es mit der zweiten Medaille geklappt hat“, sagte sie. „Zwischendurch habe ich nicht mehr daran geglaubt, dass es noch reicht. Es war doch sehr zäh.“Die siebenmalige Weltmeisterin leidet noch immer unter Husten und den Folgen ihrer Erkältung. „Wenn es gesundheitlich doch nicht so läuft, muss man sich immer wieder überwinden und ein bisschen mehr plagen als normal.“Einen Start im Einzel am Dienstag ließ Dahlmeier auch deswegen zunächst offen. „Wir sprechen am Montag über die Einsatzkonzeption.“
Noch jede Menge Kraft und Energie hat Denise Herrmann, die erst im Frühjahr 2016 zum Biathlon gewechselt war. Im Dezember 2017 hatte sie beim Saisonauftakt in Schweden ihre ersten beiden Weltcupsiege gefeiert – nun lieferte sie an gleicher Stelle („Ich liebe diesen Ort“) ihr Meisterstück. „Natürlich hat der Wechsel damals Mut gekostet, aber es hat sich gelohnt. Es war natürlich mein Traum, irgendwann Weltmeisterin zu werden.“
Der Verfolgungssieg bei der WMGeneralprobe von Soldier Hollow Mitte Februar machte da Mut. Allerdings standen bis zur WM nur drei Top-Ten-Plätze in den Ergebnislisten. Zu oft patzte Herrmann am Schießstand. Ihre Trefferquote im Vergleich zur Vorsaison sank von 80 auf 76 Prozent, vor allem im Liegendschießen verschlechterte sie sich.
Im WM-Jagdrennen schien das alles vergessen, Herrmann kämpfte sich von Platz sechs nach ganz vorne. Bei immer wieder auffrischendem Wind behielten sie und Dahlmeier in den beiden Liegend-Einlagen die Nerven – bei Halbzeit führte Herrmann vor der Schwedin Mona Brorsson (0,5 Sekunden zurück) und Dahlmeier (8,3). Die Entscheidung aber fiel erst im letzten Schießen. Brorsson musste viermal in die Strafrunde, Herrmann und Dahlmeier blieben wie Eckhoff fehlerfrei.