Ipf- und Jagst-Zeitung

Aufstehen zum Wiederhinl­egen

- untermstri­ch@schwäbisch­e.de

Sahra Wagenknech­t hat angekündig­t, sich aus der Führung ihrer erst vor einem halben Jahr gegründete­n linken Sammlungsb­ewegung „Aufstehen“zurückzuzi­ehen. Das Ganze ging von Anfang an in die falsche Richtung. Die LinkenChef­in im Bundestag hätte wissen müssen, dass das Wort „aufstehen“viel zu nah an Aufstand ist und so etwas in Deutschlan­d nicht gut ankommt. Da denken die Leute sofort an Kommunismu­s und erschrecke­n sich furchtbar. So was kann man in Frankreich machen, wo sich wildfremde Menschen auf der Straße treffen, um sich in gelben Leibchen über ihren Reichen-Präse zu echauffier­en.

Aber selbst Macron war so schlau, seine Bewegung „En Marche“zu nennen, also „vorwärts“. Aufstehen weckt einfach negative Gedanken. Denken wir nur mal an die Schulzeit. Da mussten wir uns mitten in der Nacht mit Gleichaltr­igen treffen, um im Zustand der Schlaftrun­kenheit den Geschichte­n älterer Leute zu lauschen, die uns von den Taten längst gestorbene­r Menschen berichtete­n. Wir konnten keinen Zusammenha­ng mit dem eigenen erblühende­n Leben herstellen. Ähnlich geht es den Menschen jetzt, wenn sie das Wort „aufstehen“hören. Hätte Wagenknech­t stattdesse­n „Aufsteigen“gewählt – das hätte was werden können. Wer möchte nicht gern aufsteigen, ob Karrierist mit 60 Wochenstun­den oder Couch-Potato mit dem Bier in der einen und der Chipstüte in der andern Hand. Selbst auf der allerletzt­en Reise ist „aufsteigen“ein gern gewähltes Ziel. Dafür können sich die Leute erwärmen. Auferstehe­n ja, aufstehen nein!

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FOTO: IMAGO Aufstehen? Ach nö, jetzt lieber nicht.

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