Ipf- und Jagst-Zeitung

Das Beste zum Schluss

- Von Sabine Lennartz s.lennartz@schwaebisc­he.de

Nein, eine Dauer-GroKo hat sich niemand gewünscht, aber sie war nach der Bundestags­wahl am Ende nicht zu umgehen. Nach vielen Querelen sind die Koalitions­partner derzeit dabei, nun das Beste daraus zu machen. Von Millionen für die Kitas, über die Digitalisi­erung an Schulen, bis zur Rente wird vieles in Angriff genommen. Man kann sich das zu Zeiten gut gefüllter Staatskass­en leisten. Damit hat die Große Koalition einiges für einen besseren gesellscha­ftlichen Zusammenha­lt auf den Weg gebracht.

Trotzdem hat die FDP recht, wenn sie an die Überschrif­t des Koalitions­vertrages erinnert. Die versprach nicht nur einen neuen Zusammenha­lt für unser Land, sondern an erster Stelle standen: „Ein neuer Aufbruch für Europa, eine neue Dynamik für Deutschlan­d.“Von beidem ist nicht viel zu spüren.

Wo bleibt die kraftvolle Ansage für Europa? Der eigene Plan? Der starke Auftritt Deutschlan­ds in Brüssel? „Wir dürfen nicht Schlafwand­ler in einem erschlafft­en Europa sein“, hat Frankreich­s Präsident Macron gesagt. Doch die Deutschen sind Schlafwand­ler in einem gefährlich erschlafft­en Europa, mehr denn je bedroht von innen und außen.

Und wo ist Dynamik zu spüren bei der verschlafe­nen Digitalisi­erung? Dass die Schulen besser ausgerüste­t werden sollen, ist gut. Genauso wichtig wäre, wenn auch das 5GNetz sehr schnell käme, wenn endlich überall im Land ein gutes WLAN-Netz zu finden wäre. Und wo ist Deutschlan­d im Umweltschu­tz dynamisch? Doch höchstens bei der Errichtung von Krötenzäun­en oder dem Verkauf unverpackt­er Biolebensm­ittel, aber nicht bei der Vermeidung des Temperatur­anstiegs durch zu viel CO2. Wer redet endlich von der Wärmedämmu­ng an Gebäuden? Wer beendet die große Dieselfrag­e? Und wenn der 1991 eingeführt­e Soli-Zuschlag nach 30 Jahren ab 2021 – rein zufällig ein Wahljahr – abgebaut wird, dann sollte bitte niemand mehr von Dynamik reden.

Man sieht, die Große Koalition hat noch ausreichen­d Aufgaben zu bewältigen. Hoffentlic­h kommt das Beste zum Schluss.

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