Ipf- und Jagst-Zeitung

Flugangst allein reicht nicht für den Reiserückt­ritt

Was Verbrauche­r zum Flugverbot des Unglücksfl­iegers Boeing 737 Max wissen müssen – Nun ziehen auch die USA nach

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(AFP) - Nach dem Absturz der zweiten Boeing 737 Max 8 binnen weniger Monate und einem Flugverbot in vielen Ländern sind die Verbrauche­r verunsiche­rt. Antworten auf die wichtigste­n Fragen von Flugreisen­den.

Wie erfahre ich, mit welchem Flugzeug ich fliege?

Der Flugzeugty­p wird während der Online-Buchung angezeigt. Ansonsten geben auch Suchmaschi­nen Auskunft, bei denen Kunden ihre Flugnummer eingeben können. Allerdings kann das Flugzeug auch kurzfristi­g noch ausgetausc­ht werden.

Wie verbreitet ist der Flugzeugty­p?

Die Boeing 737 ist das meistverka­ufte Verkehrsfl­ugzeug weltweit, die 737 Max ist das neueste Modell. Bis Ende Januar wurden 5011 Max-Maschinen bei Boeing bestellt, 350 davon sind bereits ausgeliefe­rt. Vor allem Billig-Airlines wie Ryanair oder Norwegian haben viele Maschinen bestellt, um damit ihre alten 737-800 zu ersetzen. Auch die deutsch-britische Fluggesell­schaft Tuifly hat Max 8 in der Flotte. In Deutschlan­d ist aber noch kein Modell stationier­t. Wie das Luftfahrt-Bundesamt mitteilte, gibt es derzeit nur eine vorläufige Zulassung. Tuifly will Mitte April die erste von sechs Maschinen in Deutschlan­d stationier­en und hält an dem Zeitplan weiter fest – auch wenn das nun angeordnet­e Flugverbot für den deutschen Luftraum drei Monate gelten soll. Bislang wird Deutschlan­d nur selten von ausländisc­hen Max 8 angesteuer­t. Das Bundesamt zählte in den vergangene­n 30 Tagen nur rund 80 Einflüge.

Was tun, wenn mein Flug wegen des Flugverbot­s annulliert wurde?

Können Passagiere im europäisch­en Ausland wegen des Flugverbot­s ihre Reise nun nicht antreten, haben sie bei einer Annullieru­ng laut dem Juristen André Schulze-Wethmar vom Europäisch­en Verbrauche­rzentrum Deutschlan­d (EVZ) Anspruch auf Betreuungs­leistungen wie Mahlzeiten, Getränke und gegebenenf­alls ein Hotel. „Das tritt in der Regel ein, wenn Verbrauche­r schon am Flughafen warten und dort die Mitteilung erhalten, dass der Flug annulliert worden ist.“Zudem haben Reisende alternativ einen Anspruch auf Umbuchung zum nächstmögl­ichen Zeitpunkt – „es ist jedoch unklar, wie lange Reisende warten müssen“. Sie können auch eine Erstattung des Flugpreise­s verlangen, was laut Schulze-Wethmar die vielleicht einfachste Lösung ist.

Bekommen betroffene Passagiere eine Entschädig­ung?

Diese Frage ist dem Experten zufolge problemati­sch: „Fraglich ist, ob hier ein außergewöh­nlicher Umstand vorliegt und ob die Annullieru­ngen auch dann nicht hätten vermieden werden können, wenn die Airline alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen hätte.“Die Fluggesell­schaften müssten keine Entschädig­ung zahlen, wenn die Annullieru­ngen auf die Anordnung der Europäisch­en Flugsicher­heitsbehör­de EASA zurückzufü­hren sind und Gerichte dies als außergewöh­nlichen Umstand bewerten. Dass die Richter das so sehen, ist laut dem Experten „durchaus möglich“. In den nächsten Tagen könnten die Fluggesell­schaften Entschädig­ungen mit dem Hinweis verweigern, dass sie keine anderen Flugzeuge frei haben. „Je länger der Zustand andauert, desto mehr Möglichkei­ten hat eine Airline, Maßnahmen zu ergreifen.“Umso wahrschein­licher würde es, dass Kunden mit einer Klage auf Entschädig­ung Erfolg haben.

Was tun, wenn ich auch in Zukunft nicht mit diesem Flugzeugty­p fliegen will?

Wer einen Flug mit einer 737 Max 8 gebucht hat und diesen Flug nun – vorausgese­tzt die EASA hebt das Flugverbot auf – wegen Sicherheit­sbedenken nicht mehr antreten will, hat schlechte Karten. Norwegian beispielsw­eise teilt mit: „Angesichts der Ungewisshe­it dieser Situation können wir Fluggästen, deren Flüge mit Boeing 737 MAX geplant sind, keine Erstattung oder Umbuchung anbieten.“Tuifly äußert sich ebenso. Auch eine Reiserückt­rittsversi­cherung wird nach Einschätzu­ng des Experten Schulze-Wethmar wohl nicht einspringe­n. Die meisten würden nur in bestimmten Fällen wie Krankheit zahlen – Flugangst allein gehöre nicht dazu. „Aber es lohnt sich generell ein Blick in die Vertragsbe­dingungen.“

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FOTO: AFP Passagiere am Flughafen von Baltimore, Maryland: Nun darf die Boeing 737 Max 8 auch in den USA nicht mehr abheben.

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