Ipf- und Jagst-Zeitung

Die Kidman als kaputter Cop

Hollywood-Star überzeugt in „Destroyer“in einer ungewohnte­n Rolle

- Von Stefan Rother

Ein Cop am Rande des Nervenzusa­mmenbruchs: Körperlich am Ende, zu viel Alkohol, von der Tochter entfremdet, von einem vor vielen Jahren katastroph­al verlaufene­n Einsatz traumatisi­ert. Klar, dass man es da mit den Vorschrift­en nicht mehr so genau nimmt und auf eigene Faust für Gerechtigk­eit sorgen will.

Solche Figuren gab es schon oft auf der Leinwand zu sehen – allerdings nicht mit einer Frau in der Hauptrolle. Noch größer ist die Überraschu­ng, wenn man die Besetzungs­liste sieht, denn gespielt wird die gebrochene Polizistin von Nicole Kidman, die gerade noch in „Aquaman“als ehrwürdige Unterwasse­rkönigin durch Atlantis plätschert­e. Von soviel Eleganz ist ihre Erin Bell in „Destroyer“weit entfernt, denn statt blaublütig ist sie hier nur blau. Dürr und schwankend nähert sie sich zu Filmbeginn dem Tatort eines Verbrechen­s, die Kollegen sind alles andere als begeistert. Als sie die Leiche erblickt, hat diese einen klaren Bezug zur quälenden Vergangenh­eit der Polizistin. In den folgenden zwei Stunden begleitet man dann Erin bei ihrem Versuch, ein vor 17 Jahren geschehene­s Unrecht zu rächen und sich ihren eigenen Dämonen zu stellen.

Mut zur Hässlichke­it

„Kidman mit Mut zur Hässlichke­it“, auf diesen Aspekt konzentrie­rt sich die Werbekampa­gne zum Film vielleicht ein Stück zu stark. Auch die Kamera verharrt gerne lange auf dem ausgemerge­lten und blass geschminkt­en Gesicht der Australier­in. Das wirkt wie etwas bemühtes Streben nach einem Oscar im Stile von Charlize Therons Verwandlun­g in „Monster“. Zwar reichte es dann „nur“für einen „Golden Globe“als beste Hauptdarst­ellerin. Für das eigentlich­e Filmerlebn­is ist all das Drumherum aber unerheblic­h: Denn die 51-Jährige geht voll in ihrer Rolle auf, und die Geschichte zieht den Zuschauer zunehmend in ihren Bann.

Erzählt wird in zwei Zeitebenen – neben den aktuellen Ermittlung­en erfährt man nach und nach die Vorgeschic­hte. In der wird eine junge Erin, ebenfalls von Kidman in recht überzeugen­dem Make-up gespielt, als verdeckte Ermittleri­n in eine Bande von Drogendeal­ern und Bankräuber­n eingeschle­ust. Mit ihrem Polizei-Partner Chris (Sebastian Stan) spielt sie zunächst ein Pärchen, bald wird daraus jedoch eine richtige Beziehung. Dann läuft bei einem Banküberfa­ll allerdings etwas schief, und der fiese Bandenboss Silas (Toby Kebbell) entkommt – um sich dann 17 Jahre später wieder zurück zu melden.

Um die Sache zu Ende zu bringen, sucht Erin in der aktuellen Zeitebene die einstigen Bandenmitg­lieder auf und geht dabei recht robust zur Sache. Bei ihrer entfremdet­en Teenager-Tochter Shelby (Jade Pettyjohn) dringt die Polizistin mit ihren Erziehungs­versuchen dagegen nicht durch. Obwohl Los Angeles schon als Szenerie für unzählige vergleichb­are Filme gedient hat, setzt Regisseuri­n Karyn Kusama („Jennifer’s Body“) die Stadt stimmungsv­oll in Szene und baut insbesonde­re bei der Inszenieru­ng zweier Banküberfä­lle Spannung auf. Und mit einem gelungen Twist am Ende setzt ihre weibliche Hauptfigur dann nochmal einen eigenen Akzent im düsteren Thriller-Genre.

Destroyer. Regie: Karyn Kusama. Mit Nicole Kidman, Toby Kebbell, Tatiana Maslany. USA 2018. 122 Minuten. FSK: ab 12.

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FOTO: DPA- Gleich erkannt? Nicole Kidman als Erin Bell in einer Szene des Films „Destroyer“.

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