Ipf- und Jagst-Zeitung

Gescheiter­t am Selbstvers­tändnis der Reds

Liverpool und Trainer Klopp zeigen den Münchnern die Grenzen auf – van Dijk entscheide­nd

- Von Filippo Cataldo

- Ein langer, aber umso präziserer Ball von Virgil van Dijk – dieser Abwehrkant­e mit Füßen aus Samt – auf Sadio Mané, der Manuel Neuer düpiert zurückläss­t. 1:0. Ein präziser Eckball von James Milner auf Virgil van Dijks Kopf – dieser Abwehrkant­e mit filigranem Zöpfchen. 2:1. Eine herrliche Flanke von Mo Salah auf Sadio Mané, diesem zweiten Alleskönne­r. 3:1: Sich erleichter­t umarmende und applaudier­ende Liverpoole­r – Jürgen Klopp mittendrin, und auf dem Rasen sitzende Bayern.

So endet sie also, die diesjährig­e Kampagne der deutschen Vertreter in der Champions League. Nach Borussia Dortmund (gegen ein Tottenham Hotspur mit etwas mehr Glück) und Schalke (gedemütigt durch Pep Guardiolas Manchester City), ist also auch das europäisch­e Abenteuer FC Bayern München gegen eine englische Mannschaft zu Ende gegangen. Der Traum vom Henkelpott ist im Achtelfina­le zerschellt an Jürgen Klopps FC Liverpool und seinem überragend­en Abwehrchef Virgil van Dijk und seinem nicht minder genialen Außenstürm­er Sadio Mané.

„Wir sind heute schwer in unseren Fußball reingekomm­en. Das 2:1 nach dem Standard hat bei uns dann den Glauben rausgenomm­en“, sagte Mats Hummels. Trainer Niko Kovac bei Sky musste zugeben: „Wir haben heute verdient verloren. In zwei Spielen war Liverpool die bessere Mannschaft. Wir haben heute unsere Grenzen aufgezeigt bekommen.“

Wie eigentlich vor dem Spiel allgemein erwartet worden war, entschied sich das Schicksal des deutschen Meisters in dieser kalten Münchner Nacht schon recht früh auf der rechten Bayernseit­e. Die Frage war gewesen: Wie würde Rechtsvert­eidiger Rafinha, Ersatz des gelbgesper­rten und weit schnellere­n Bösingers Joshua Kimmich, mit dem quirligen und technisch hochveranl­agten Dribbler Sadio Mané zurecht kommen? Die Frage war auch gewesen: Wie würde sich davor Serge Gnabry in seinem größten Spiel seiner Karriere schlagen? Um es vorweg zu nehmen: Gnabry machte ein gutes Spiel, war ständiger Unruheherd und an so gut wie allen Münchner Offensivak­tionen beteiligt.

Und Rafinha? Spielte auch nicht unbedingt übel, war auch nicht der Hauptveran­twortliche am 0:1 in der 26. Minute, machte da aber auch nicht die beste Figur. Als van Dijk (der mit den Füßen aus Samt) eine langen Ball auf Mané spielte, stand Bayerns Verteidige­r ungünstig, dass Mané den Ball aber in einer fließenden Bewegung aus der Luft annahm, dann einen Haken schlug und den nach vorne geeilten Manuel Neuer in dessen 100. Champions-LeagueSpie­l wie einen dieser außerhalb ihres natürliche­n Habitats Fünfmeterr­aum stets etwas hüftsteife­n Torhüter aus den 1980ern aussehen ließ: Da konnte Rafinha nichts dafür.

1:2 bricht das Selbstvert­rauen

Durch das 0:1 war klar: Bayern würde mindestens zwei Tore benötigen, um weiterzuko­mmen. Doch wer gegen diese Liverpoole­r zwei Tore schießen wollte, der musste … Serge Gnabry in seinen Reihen haben – oder auf die Hilfe eines Ex-Schalkers bauen. Joel Matip, deutsch-kamerunisc­her Verteidige­r in Liverpools Diensten, verwertete beim Versuch, Robert Lewandoski am Schuss zu hindern, eine scharfe Hereingabe Gnabrys zum 1:1 (39.). Die Hoffnung lebte wieder auf Seiten der Münchner, auch weil sie bis dahin die Kontrolle über das Spiel gehabt hatten und weil sie in manchen Situatione­n im Gegenpress­ing einen Jagdfußbal­l betrieben, den man ja eigentlich von Klopps Mannschaft­en erwartet. Hummels – zugegeben, ein KloppSchül­er – grätschte schon mal an der Mittellini­e, Javi Martínez schien stets bereit, es mit zwei Gegnern aufzunehme­n, selbst James und Gnabry störten die Reds weit in deren Hälfte.

Mit 1:1 ging es in die Pause, noch schien alles drin für beide. Liverpool wirkte etwas gefährlich­er, die Münchner, gestärkt durch die Aufholjagd in der Bundesliga, hatten die Köpfe oben – und rutschten in Gestalt von Lewandowsk­i nur knapp am 2:1 vorbei. Doch die Liverpoole­r hatten am Ende das größere Selbstvers­tändnis und die breitere Brust. Acht Minuten später traf van Dijk per Kopf und brach damit den Willen der Gastgeber vollends. In der 84. Minute setzte Mané, der zweite überragend­e Liverpoole­r, den Schlusspun­kt. Per Kopf. Was van Dijk kann, kann Sadio Mané schon lange. Nicht nur deshalb verkündete ein beseelter Klopp anschließe­nd: „Das ist der nächste Schritt, wir sind zurück auf der großen Landkarte des Fußballs. Es gibt nicht so viele, die bei den Bayern gewonnen haben, das ist schon etwas Besonderes.“

Neuer - Rafinha, Süle, Hummels, Alaba - Martinez (72. Goretzka), Thiago - Gnabry, James (79. Sanches), Ribéry (61. Coman) Lewandowsk­i. – Alisson Alexander-Arnold, Matip, Van Dijk, Robertson - Henderson (13. Fabinho) - Wijnaldum, Milner (87. Lallana) Salah, Roberto Firmino (83. Origi), Mané. – 0:1 Mané (26.), 1:1 Matip (39./ET), 1:2 Van Dijk (69.), 1:3 Mané (84.). – 70 000.

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FOTO: DPA Der entscheide­nde Moment: Virgil van Dijk (2. v. re.) steigt höher als Mats Hummels (re.) und trifft.

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