Lohnt sich globales Denken?
„Theater trifft...“mit Franz Donner (Zeiss) nach dem Brexit-Liederabend „Get back“am Aalener Stadttheater
(an) - Im Anschluss an die Vorstellung von „Get back“haben Intendant Tonio Kleinknecht und Franz Donner von der Carl Zeiss AG bei einem „Theater trifft...“über globales Denken gesprochen.
Donner ist seit 28 Jahren bei Zeiss in Oberkochen beschäftigt. Seit 2012 ist er Senior Vice President Corporate Human Resources, hat demnach die Leitung der Konzernfunktion Personal inne. Für ihn und für Zeiss als Global Player mit über 12 000 Mitarbeitern allein in Deutschland ist globales Denken selbstverständlich. Davon abgesehen, dass Donner den Brexit nicht nachvollziehen kann, ist der Brexit für den Personalchef nur ein Beispiel von mehreren Risiken weltweit, die vor allem in der Summe noch schlimmere Auswirkungen haben können.
Als Beispiele, die ihm Sorgen machen, nennt er das Erstarken des Rechtspopulisten Matteo Salvini in Italien und des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán sowie die Handelskonflikte zwischen USA und China. Donner ist überzeugt: „Globales Denken muss erlernt werden und wird auch immer mehr in Schulen thematisiert.“
Er selbst lernte es durch viele Perspektivwechsel sowie durch Offenheit, Zuhören und vor allem durch seine Tätigkeit bei Zeiss. Sein Sohn, der mit im Publikum saß, zeigt ein Bild von der Erde – nicht irgendein Bild, sondern das erste Farbbild, dass von der Erde gemacht wurde: Earthrise, aufgenommen von William Anders während des Fluges von Apollo 8 am 24. Dezember 1968 – übrigens mit einem Zeiss-Objektiv.
Global denken
Dieses Bild hat Donner schon in seiner Kindheit tief beeindruckt. Es veranschauliche, dass es gilt, verantwortungsvoll mit der Erde umzugehen – dazu müsse man global denken. Auf die Frage des Intendanten, wie sich globales Denken in den Alltag herunterbrechen lässt, antwortet Donner, dass man dazu ein sehr gutes Demokratieverständnis benötige. Dieses Verständnis macht sich im täglichen Umgang bemerkbar, indem man sein Wahlrecht nutzt und Umweltschutz lebt. Und es gelte nicht nur für Privatpersonen, sondern auch für globale Unternehmen.
Vergleichsweise hoher Standard
Als globales Unternehmen achte Zeiss darauf, dass für Gesundheitsund Arbeitsschutz gesorgt ist, keine Kinderarbeit herrscht, alle Mitarbeiter (auch bei den Subunternehmen) nach den geltenden Regeln ihrer Heimatländer bezahlt werden. Auf Nachfrage aus dem Publikum, verwies Donner auf den „Code of Conduct“, an den sich in der Firma alle Mitarbeiter halten müssen und den vorzugsweise deutsche Mitarbeiter, die einen vergleichsweise hohen Standard gewohnt sind, überwachen.
Auch zu einem kompostierbaren Verpackungsmaterial wird in der Firma intensiv weiter geforscht, auch wenn es bis dato leider noch keine Alternative zu Styropor und Plastik gibt, da die empfindlichen Brillengläser besonders leicht verkratzen. Man achtet aber darauf, möglichst große Mengen zu verpacken, um so Material zu sparen.
Auf die Frage, was sich bei einem ungeregelten Brexit verändern werde, reagierte Donner gelassen. Verschiedene Teams bei Zeiss setzen sich damit auseinander, da durch den Brexit 90 000 Regelungen wegfallen würden und der Handel eingeschränkt sein werde. Zeiss mache weltweit sechs Milliarden Euro Umsatz, davon in Großbritannien nur 50 Millionen. So sei der Brexit nur ein Risiko von vielen. Seine Sorge sei vielmehr, dass der Brexit Schule mache und als Vorbild für die Handelskonflikte um Trump, Salvini und Orban diene, denn die weltumspannenden Risiken, so Donner, seien deutlich gefährlicher als das Eine, der Brexit, an sich.
Auch im Anschluss an die rege geführte Podiumsdiskussion blieben die Gäste noch lang und tauschten – bei Musik der Schüler der Aalener Musikschule – Meinungen aus.