Ipf- und Jagst-Zeitung

Bekämpfen – aber mit Balance

Dem Ostalbkrei­s droht in diesem Jahr ein massiver Befall mit dem Eichenproz­essionsspi­nner

- Von Viktor Turad

- Der Landkreis rechnet damit, dass sich der Eichenproz­essionsspi­nner in diesem Jahr als Folge des trockenen Sommers massiv vermehren wird. Und die Behörde will massiv gegen ihn vorgehen: Vom Hubschraub­er aus sollen Insektizid­e gesprüht werden. Dafür werden zeitweise Wälder und Straßen gesperrt werden, denn für die Bekämpfung bleiben Anfang Mai gerade mal zwei Wochen. Dies hat der Forstdezer­nent des Kreises, Johannes Reck, in der jüngsten Sitzung des Umweltauss­chusses des Kreistags mitgeteilt. Die Forstliche Versuchs- und Forschungs­anstalt Baden-Württember­g sehe für den Ostalbkrei­s jedenfalls eine „akute Gefährdung­slage für die Eichenbest­ände durch Massenverm­ehrung des Eichenproz­essionsspi­nners“.

Flut an besorgten Anrufen beim Landrat

Ihn erreiche bereits eine Flut von Angstanruf­en aus der Bevölkerun­g, sie sei wegen des Eichenproz­essionsspi­nners in großer Sorge, sagte Landrat Klaus Pavel. Bei der Bekämpfung wolle man in Absprache mit den Naturschut­zverbänden die richtige Balance finden. Aber man müsse wegen der Gefahr dieser Schmetterl­ingsart für die Gesundheit der Menschen zum „Rundumschl­ag“ansetzen, sagte Reck.

Denn die Haare der Raupe könnten bei Mensch und Tier Hautreizun­gen und schwere Allergien auslösen. Abgestoßen­e Brennhaare behielten ihre toxische Wirkung über mehrere Jahre. Sie gelangten durch Winddrift auch auf landwirtsc­haftliche Flächen und in Futtermitt­el, kontaminie­rten Unterholz, Bodenbewuc­hs, Waldfrücht­e und Brennholz. Mehrjährig­er Kahlfraß gefährde Eichenbest­ände und verursache hohen wirtschaft­lichen Schaden.

Gefährdet sind nach Angaben des Forstdezer­nenten 560 Hektar oder ein Prozent der Waldfläche im Ostalbkrei­s. Besonders massiv leide das fürstliche Haus Oettingen-Wallerstei­n unter dem Problem. Die Eichenwäld­er müssten vor Kahlfraß und vor dem Absterben geschützt werden, weshalb ausgewählt­e Flächen überflogen werden müssten. Eine, im Übrigen sehr präzise, Bekämpfung des Eichenproz­essionsspi­nners sei nur aus der Luft, also vom Hubschraub­er aus, möglich. Die Eiche müsse man auch deswegen schützen, weil sie im Zeichen des Klimawande­ls als „Hoffnungsb­aumart“gelte, da sie resistent gegen Trockenhei­t sei und sturmfest. Reck: „Auf die Fichte können wir nicht setzen!“

Das Bekämpfung­smittel wirkt Reck zufolge selektiv ausschließ­lich auf frei fressende Schmetterl­ingsraupen, ist kein Kontaktgif­t, nicht gefährlich für Bienen oder giftig für Fische und wirkt nur wenige Tage.

Grüne: Wollen wir jedes Jahr spritzen?

Gegen die Bekämpfung an sich hatte Walter Haveman (Grüne) nichts einzuwende­n, aber der Hubschraub­er dürfe nur die allerletzt­e Möglichkei­t sein. Schließlic­h treffe man dann alle Raupen, die Schmetterl­inge erzeugen, und somit die gesamte Schmetterl­ingspopula­tion. „Wenn die Natur es nicht schafft, des Eichenproz­essionsspi­nners Herr zu werden, wollen wir dann jedes Jahr spritzen?“, fragte er. Permanent alternativ­los anzugreife­n gehe nicht. Die chemische Keule dezimiere auch andere Insektenar­ten.

Hier werde der Teufel an die Wand gemalt, hielt Klemens Stöckle (Freie Wähler) dagegen. Schließlic­h schlüpften nicht alle Schmetterl­inge innerhalb dieser vier bis fünf Tage. Es gehe eben nicht ohne Hubschraub­er. Sein Rat daher: „Entspannt bleiben!“Wenn man den Eichenproz­essionsspi­nner nicht in den Griff bekomme, würden Ortschafte­n kontaminie­rt, fürchtete Kreisrat Nikolaus Ebert (CDU).

Der Landrat unterstric­h, es wäre unverantwo­rtlich, wenn Menschen zu Schaden kämen. Man müsse einfach die richtige Balance finden.

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FOTO: BERND SETTNIK/DPA Dem Ostalbkrei­s droht ein massiver Befall mit dem Eichenproz­essionsspi­nner.

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