Inge Barth-Grözinger stellt im Palais ihr neues Buch vor
„Wildblütenzeit“erzählt die Geschichte des Hotels „Zum Markgrafen“
- „So viele vertraute Gesichter.“Für Inge Barth-Grözinger ist die Vorstellung ihres neuen Buches „Wildblütenzeit“am Mittwochabend im Palais Adelmann in Ellwangen „ein Stück heimkommen“gewesen. Denn die langjährige Lehrerin für Deutsch und Geschichte am Peutinger-Gymnasium lebt seit ihrer Pensionierung wieder im elterlichen Haus im Schwarzwald, bei ihrer 91jährigen Mutter, will aber demnächst wieder nach Ellwangen ziehen. Der Untertitel ihres Romans lautet „Die große Schwarzwaldsaga“.
„Wildblütenzeit“ist das mittlerweile siebte Buch der ebenso fleißigen wie namhaften Autorin, die 1950 in Bad Wildbad im Schwarzwald geboren wurde. Ihre anderen Bücher heißen „Alexander“, „Geliebte Berthe“, „Stachelbeerjahre“, „Beerensommer“, „Sturmfrühling“und natürlich „Etwas bleibt“, ihr bekanntestes Buch in Ellwangen. Hat Inge Barth-Grözinger doch darin das Schicksal der jüdischen Ellwanger Familie Levi aufgearbeitet, die im Natinalsozialismus schikaniert wurde und 1938 nach Amerika ausgewandert ist. Zu ihrer Lesung am Mittwoch konnte Inge Barth-Grözinger auch Nadine Piot aus Langres begrüßen, die dieses Buch ins Französische übersetzt hat.
Ihr neuestes Buch „Wildblütenzeit“thematisiert die Geschichte des traditionsreichen Hotels „Zum Markgrafen“im badischen Ettlingen, in Anlehnung an den dortigen „Erbprinz“, in dem Inge Barth-Grözinger mit ihrer Tochter einmal im Wochenendurlaub war und auf dem Schreibtisch ein Buch eines jungen Lokalhistorikers über die Geschichte des Hauses vorfand: „Da kam ich auf die Idee, einen Roman über das Gasthaus zu schreiben.“Und sie dachte sich die Besitzerfamilie Haug aus, die es von einer verrufenen, heruntergekommenen Schankwirtschaft im Laufe der Jahrhunderte und durch die Wirren der Zeit zum glanzvollen Aufstieg und zu dem traditionsreichen Hotel „Zum Markgrafen“gebracht hat. Das Haus sollte ihr größter Segen und ihr größter Fluch werden, Kämpfe, Wünsche, Leidenschaften und Träume, aber auch marodierende und plündernde Soldaten, persönliche Katastrophen wie Vergewaltigung, Nichtehelichkeit und Tod des designierten Hauserben im Russlandfeldzug 1812 inbegriffen.
Lokalhistorie wird mit Weltgeschichte verknüpft
Gekonnt verknüpft die Historikerin das Ganze mit der badischen und der Weltgeschichte, angefangen von der Französischen Revolution 1789, die auch nach Baden überschwappte, und von französischen Emigranten, die vor der Guillotine ins Badische fliehen, über die napoleonischen Kriege und den Russlandfeldzug 1812 bis hin zum Vormärz 1848, zur industriellen Revolution, die Wirtschaftskrise mit dem Bankenzusammenbruch und zum Zweiten Weltkrieg und seinen Folgen: „In diesem Haus sind die hohen Nazis ein- und ausgegangen.“
Jakob Haug (47), der jetzige Besitzer, muss sich im Juli 1945 gegenüber den Amerikanern, in der Person des Offiziers Kurt Goldstein, rechtfertigen und erzählt diesem die Geschichte des renommierten Hauses, angefangen mit Jakob, dem Gründer im Juli 1780. So will er das Familienerbe retten und dem Hotel zu neuer Pracht verhelfen. Mucksmäuschenstill war es im Publikum bei der Lesung. Inge Barth-Grözinger verstand es, mit ihrer bildgewaltigen Sprache und ihrer mitreißenden, spannenden und lebendigen Erzählweise ihr Auditorium zu fesseln.
Zur Buchvorstellung eingeladen hatten die Stadtbibliothek Ellwangen und der Stiftsbund. Der Leiter der Stadtbibliothek, Johannes Effinger, und Hans-Ulrich Engel vom Stiftsbund begrüßten. Engel, ein ehemaliger Kollege der einstigen Lehrerin, erinnerte vor rund 80 Besuchern an die legendären, tollen Theateraufführungen von Inge Barth-Grözinger am Peutinger-Gymnasium und an ihren Seminarkurs zur Geschichte der Levis, der für die Schriftstellerin alles ins Rollen gebracht hat. „Warum schreibst du kein Theaterstück?“, fragte Engel nach der Lesung. „Ich kann das nicht“, antwortete die Autorin. Das Buch „Wildblütenzeit“von Inge Barth-Grözinger, Pendo Verlag München, ist in den Buchhandlungen erhältlich, es kostet 20 Euro.