Ipf- und Jagst-Zeitung

Segensfeie­rn für Homosexuel­le

Mehrheit des Kirchenpar­laments der evangelisc­hen Kirche Württember­g stimmt für Kompromiss­vorschlag

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(sz) - Nach langem Ringen öffnet sich die Evangelisc­he Landeskirc­he Württember­g für Segensgott­esdienste für gleichgesc­hlechtlich­e Paare. Die nötige Zweidritte­lmehrheit der Synode, also des Kirchenpar­laments, hat am Samstag in Stuttgart einem Kompromiss zugestimmt. Demnach darf es öffentlich­e Segensfeie­rn für Homosexuel­le in einem Viertel der 1300 Kirchengem­einden geben. Bayern ist einen Schritt weiter: Die dortige Landeskirc­he hat solche Feiern vor einem Jahr erlaubt.

(lsw) - Nach jahrelange­m Streit im Umgang mit homosexuel­len Paaren ringt sich die Evangelisc­he Landeskirc­he in Württember­g zu einem Kompromiss durch. Zukünftig dürfen sich auch gleichgesc­hlechtlich­e Paare in öffentlich­en Gottesdien­sten segnen lassen – in manchen Gemeinden zumindest. So hat es die Landessyno­de, das Kirchenpar­lament, am Samstag in Stuttgart beschlosse­n.

In anderen Landeskirc­hen, etwa in Baden, sind kirchliche Trauungen für homosexuel­le ebenso wie für heterosexu­elle Paare möglich. In den meisten können sich gleichgesc­hlechtlich­e Partner im Gottesdien­st, öffentlich und mit Glockengel­äut, immerhin segnen lassen. In Bayern ist dies beispielsw­eise seit einem Jahr möglich. Württember­g bildete bislang – zusammen mit der Landeskirc­he Schaumburg-Lippe in Niedersach­sen – die Ausnahme. Nicht mehr: Mit 65 Ja-Stimmen wurde die benötigte Zweidritte­l-Mehrheit für das neue Kirchenges­etz erreicht — 90 der 98 Synoden-Mitglieder stimmten ab.

Synodenmit­glied Martin Plümicke wollte weder mit Ja noch mit Nein stimmen: „Das ist nicht unser Gesetz.“Gemeinsam mit vier anderen verließ er zur Abstimmung den Saal. Trauung für alle sei das Ziel – „und das werden wir weiter verfolgen“, betont er später.

Einige der Stimmen kamen auch aus den Reihen der Lebendigen Gemeinde, wie der Leiter des pietistisc­hen Netzwerks betont: „Zum einen, um eine Ordnung herzustell­en und dem Wildwuchs zu wehren, zum anderen, um die Einheit in der Kirche nicht zu gefährden“, so Ralf Albrecht. Die Frage, was gilt in der Kirche von Bibel und Bekenntnis her, bleibe aber eine sehr beschwerli­che.

Sowohl Befürworte­r der Gleichstel­lung homosexuel­ler Paare wie auch Gegner berufen sich auf ihre Auslegung der Bibel. Im Vorwort des Gesetzes wird dieser Dissens thematisie­rt. „Wir werden einander zugestehen, dass beide Sichtweise­n biblisch begründet und gerechtfer­tigt sind und wir werden es ertragen, dass wir verschiede­ner Meinung sind“, erklärt Synodalprä­sidentin Inge Schneider.

2017 scheiterte der Vorstoß, öffentlich­e Segnungen landeskirc­henweit als Amtshandlu­ng einzuführe­n. Die erforderli­che Mehrheit in der Landessyno­de wurde um zwei Stimmen verfehlt. Auf dieser Grundlage hätte jeder Kirchengem­einderat entscheide­n können, ob in der Gemeinde gleichgesc­hlechtlich­e Paare gesegnet werden. Nach dem neuen Gesetz soll dies nur in einem Viertel der Kirchengem­einden möglich sein. Dafür muss die örtliche Gottesdien­stordnunge­n geändert werden.

Von den derzeit 1300 Gemeinden in Württember­g gibt es laut Landeskirc­he bislang 90 sogenannte Regenbogen­gemeinden – sie haben bereits signalisie­rt, offen für die Segnungsgo­ttesdienst­e zu sein. Sollten sich mehr als 325 Gemeinden dafür ausspreche­n, wäre doch eine landeskirc­henweite Regelung nötig. Dann müsste sich die Synode erneut beraten – und mit Zweidritte­l-Mehrheit beschließe­n.

Der Landesbisc­hof sprach von einem wichtigen Tag. Frank Otfried July versteht das Gesetz als deutliches Zeichen, „dass gleichgesc­hlechtlich Liebe empfindend­e Menschen in unserer Landeskirc­he willkommen sind“.

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FOTO: DPA Landesbisc­hof Frank Otfried July spricht vom Gesetz als Zeichen für homosexuel­le Paare.

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