Klarheit schaffen
Forderungen nach einer Verschärfung von Gesetzen sind oft mehr Stimmungslagen geschuldet denn der Realität. Diese Gefahr besteht auch bei der angedachten Änderung des Waffengesetzes. Unterm Strich spricht allerdings mehr für eine Reform als dagegen.
Mehr Strafen, härtere Strafen; wer in diesen Tagen nach Recht und Ordnung ruft, darf sich des Beifalls sicher sein. Erfreulich ist daher, dass Bayern und Baden-Württemberg mit Bedacht auf die Vorschläge zur Gesetzesänderung reagieren. Denn noch steht nicht einmal fest, ob es bundesweit überhaupt mehr Messerattacken gibt. In dem Gesetzesentwurf ist dann auch die Rede von „Sicherheitsgefühl“, vom Ziel einer „Stärkung des Sicherheitsempfindens in der Bevölkerung“. Das Gesetz soll eine Gefühligkeit ändern, die sich in der Realität möglicherweise nur bedingt niederschlägt? Damit Politiker ihre vermeintliche Tatkraft zur Schau stellen? Das wäre ein schlechtes Ergebnis.
Der Gesetzesentwurf zeigt auch Schwächen, etwa wirkt die Ausweitung von Waffenverbotszonen nicht zwingend. Nachvollziehbar ist dagegen der Wunsch, Messer bestimmter Bauweise zu verbannen. Denn weshalb bitte sollte sich jemand – Beruf und Brauchtum ausgenommen – mit gefährlichen Stich- und Schnittwaffen unter Menschen bewegen?
Eng damit verbunden ist der ausschlaggebende Umstand: Messer haben sich unter jungen Männern zu einem Macho-Symbol entwickelt, zu einem Ausdruck der Stärke und Überlegenheit. Schlimmstenfalls verbunden mit Gewaltfantasien. Türkische und arabische Milieus mögen hier eine Rolle spielen, Soziologen stellen diese Haltung aber auch bei jungen Deutschen fest. An dieser Stelle können ein Gesetz und die damit verbundenen Folgen bei Rechtsbrechung eine wertvolle Botschaft senden: Diese Kultur, die Konfliktbewältigung über Gewalt beinhaltet, wollen wir nicht. Sie hat in unserer Gesellschaft keinen Platz. Eine nachvollziehbare und ehrliche Reform des Waffengesetzes wäre somit weniger eine Verschärfung: Sie würde Klarheit schaffen.