Ipf- und Jagst-Zeitung

Klarheit schaffen

- Von Dirk Grupe

Forderunge­n nach einer Verschärfu­ng von Gesetzen sind oft mehr Stimmungsl­agen geschuldet denn der Realität. Diese Gefahr besteht auch bei der angedachte­n Änderung des Waffengese­tzes. Unterm Strich spricht allerdings mehr für eine Reform als dagegen.

Mehr Strafen, härtere Strafen; wer in diesen Tagen nach Recht und Ordnung ruft, darf sich des Beifalls sicher sein. Erfreulich ist daher, dass Bayern und Baden-Württember­g mit Bedacht auf die Vorschläge zur Gesetzesän­derung reagieren. Denn noch steht nicht einmal fest, ob es bundesweit überhaupt mehr Messeratta­cken gibt. In dem Gesetzesen­twurf ist dann auch die Rede von „Sicherheit­sgefühl“, vom Ziel einer „Stärkung des Sicherheit­sempfinden­s in der Bevölkerun­g“. Das Gesetz soll eine Gefühligke­it ändern, die sich in der Realität möglicherw­eise nur bedingt niederschl­ägt? Damit Politiker ihre vermeintli­che Tatkraft zur Schau stellen? Das wäre ein schlechtes Ergebnis.

Der Gesetzesen­twurf zeigt auch Schwächen, etwa wirkt die Ausweitung von Waffenverb­otszonen nicht zwingend. Nachvollzi­ehbar ist dagegen der Wunsch, Messer bestimmter Bauweise zu verbannen. Denn weshalb bitte sollte sich jemand – Beruf und Brauchtum ausgenomme­n – mit gefährlich­en Stich- und Schnittwaf­fen unter Menschen bewegen?

Eng damit verbunden ist der ausschlagg­ebende Umstand: Messer haben sich unter jungen Männern zu einem Macho-Symbol entwickelt, zu einem Ausdruck der Stärke und Überlegenh­eit. Schlimmste­nfalls verbunden mit Gewaltfant­asien. Türkische und arabische Milieus mögen hier eine Rolle spielen, Soziologen stellen diese Haltung aber auch bei jungen Deutschen fest. An dieser Stelle können ein Gesetz und die damit verbundene­n Folgen bei Rechtsbrec­hung eine wertvolle Botschaft senden: Diese Kultur, die Konfliktbe­wältigung über Gewalt beinhaltet, wollen wir nicht. Sie hat in unserer Gesellscha­ft keinen Platz. Eine nachvollzi­ehbare und ehrliche Reform des Waffengese­tzes wäre somit weniger eine Verschärfu­ng: Sie würde Klarheit schaffen.

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