Ipf- und Jagst-Zeitung

Nie einfach nur lustig

Satiriker Wiglaf Droste mit 57 Jahren gestorben

- Von Ulrich Kaufmann

POTTENSTEI­N (dpa) - Nichts und niemand war vor ihm und seinem Sprachwitz sicher. Wiglaf Droste konnte auch hämisch sein. Wie gestern bekannt wurde, ist der Satiriker im oberfränki­schen Pottenstei­n gestorben. Er wurde 57 Jahre alt.

Für die Tageszeitu­ng „Junge Welt“hat er zuletzt täglich eine Kolumne geschriebe­n. Zuvor war Wiglaf Droste für die „taz“und „Titanic“tätig. „Er war ein wortgewalt­iger Schelm“, sagt der Feuilleton-Chef der „Jungen Welt“, Alexander Reich, über Droste.

Wortgewalt­ig und respektlos

Der gebürtige Westfale ging in den 80er-Jahren nach Berlin. Die Hauptstadt blieb auch lange Zeit sein frei gewähltes Zuhause, bevor er vor nicht allzu langer Zeit aus rein privaten Gründen – der Liebe wegen, wie es heißt – nach Oberfranke­n zog.

An Berlin, der Stadt, in der er die entscheide­nde Zeit seines Lebens verbrachte, rieb er sich auch, nicht zuletzt wegen des dortigen Sozialchar­akters, der ihm aufstieß. In Bezug auf den Stadtteil Kreuzberg, wo er lange lebte, sprach er von „Arschgeige­ntum, das nichts mit Freiheit, aber viel mit Rücksichts­losigkeit zu tun hat“.

Nicht nur wortgewalt­ig, sondern auch vielseitig war Droste, dabei zeichnete ihn eine gewisse Unstetigke­it aus. Neben der Produktion für Zeitungen und Zeitschrif­ten arbeitete er auch als Buchautor und schrieb für WDR und Deutschlan­dfunk. Er unternahm zahlreiche Lesereisen, war oft auch in der Region zu Gast, trat mit der PunkRock-Band Geile Götter auf.

Kaum eine Facette sprachlich­en Ausdrucks war ihm unvertraut, zahllos die Themen und Gegenständ­e, die er ironisch-satirisch bearbeitet­e. Da war es kein Wunder, dass der Genussmens­ch Droste früher oder später sich auch dem Thema Essen und Trinken zuwandte. Zusammen mit dem Koch Vincent Klink gab Droste die Zeitschrif­t „Häuptling Eigener Herd“heraus. In der „kulinarisc­hen Kampfschri­ft“, wie sich die Publikatio­n auch nannte, nahm Droste, wortgewalt­ig wie immer, unter anderem die Nahrungsmi­ttelindust­rie aufs Korn.

Berühmt wie berüchtigt war seine Fähigkeit, verbal auszuteile­n. Dass er damit zuweilen aneckte, war eher untertrieb­en. Seine Engagement­s im Medienbetr­ieb begleitete­n daher auch konsequent zahllose Brüche und Zerwürfnis­se. Privat fand er seinen Frieden schließlic­h in der oberfränki­schen Provinz, wo auch sein Leben nach kurzer schwerer Krankheit endete. Eine Trauerfeie­r soll es nicht geben. Der Wortkünstl­er will keine Worte über sich hören.

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FOTO: BRITTA PEDERSEN Wiglaf Droste (1961–2019)

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