Ipf- und Jagst-Zeitung

Kehlmann sieht Demokratie im Westen bedroht

Kämpferisc­he Rede des Autors bei Preisverle­ihung

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WIEN (dpa) - Der Schriftste­ller Daniel Kehlmann macht sich Sorgen um die Demokratie. „Die Demokratie ist in Gefahr in der westlichen Welt. Sie ist besonders in Gefahr in Österreich“, sagte der 44Jährige bei der Verleihung des Anton-Wildgans-Preises in Wien. Dabei erinnerte der Autor an den österreich­ischen Komponiste­n und Dichter Georg Kreisler (19222011), der 2009 vor der sich abzeichnen­den Rückkehr des Faschismus gewarnt habe. „Er war klarsichti­ger als wir anderen. Denn der Ernstfall ist eingetrete­n“, resümierte der Bestseller­autor („Die Vermessung der Welt“, „Tyll“, „Ich und Kaminski“).

Konkret arbeitete sich Kehlmann, dessen Vater Österreich­er war und der lange selbst in Wien lebte, an Österreich­s Bundeskanz­ler Sebastian Kurz ab, dessen konservati­ve ÖVP seit Ende 2017 mit der rechten FPÖ die Regierung bildet. „Ich möchte unseren schweigend­en Kanzler fragen, ob er sich darüber klar ist, dass künftige Geschichts­bücher ihn als den Mann bewahren werden, der es einer rechtsextr­emen Partei ermöglicht hat, diesem Land in seinem äußeren Bild und seinem inneren Gefüge Schaden zuzufügen, der so bald nicht mehr in Ordnung zu bringen ist“, sagte Kehlmann. „Draußen in der Welt wird Österreich inzwischen zuverlässi­g neben Trumps Amerika, Orbans Ungarn und Bolsonaros Brasilien genannt.“

Kehlmann erhielt in Wien den Anton-Wildgans-Literaturp­reis der Österreich­ischen Industrie. Der mit 15 000 Euro dotierte Preis wird seit 1962 an österreich­ische Autoren „der jüngeren oder mittleren Generation“vergeben, „dessen oder deren Werk von hervorrage­nder Relevanz für die literarisc­he und gesellscha­ftliche Korrelatio­n unserer Zeit ist“. Zu den früheren Preisträge­rn gehörten Ingeborg Bachmann, Thomas Bernhard, Arno Geiger und Robert Seethaler.

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FOTO: DPA Daniel Kehlmann

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