Ipf- und Jagst-Zeitung

Adieu Robbéry

Mit Robben und Ribery verlassen zwei eine Ära prägende Spieler den FC Bayern – Eine persönlich­e Würdigung

- Von Patrick Strasser

Macht's noch einmal, bitte. Einmal noch über den Flügel huschen, ob rechts oder links. Jungs, der Rasen ist eure Tastatur, tack, tack, tack, euer Sprint gerät zum Gassenhaue­r. An den Gegnern vorbei und als Melodie in die Herzen der Fans. Arjen! Franck! Lauft! Ein Run, ein Raunen, ein Schuss, ein Tor – hach, die beiden.

Es wird wehtun, diesen Samstag. Wenn sie gehen, die Sprinter. Franck Ribéry nach zwölf Jahren im Außendiens­t auf dem linken Flügel, Arjen Robben über zehn Jahre als Fachkraft auf der rechten Seite. Die Sieben und die Zehn: nah und doch so fern. Der Franzose und der Holländer, der Filou und der Streber, beide verrückt, im positivem Sinne – ihre Verträge enden, die Erinnerung­en bleiben.

Gegen Eintracht Frankfurt werden Ribéry (36) und Robben (35) zum letzten Mal bei einem Heimspiel der Bayern mitwirken, mitwirbeln – wenn Trainer Niko Kovac sie lässt. „75 000 Fans, die Allianz Arena ist voll. Ein letztes Mal nach zehn Jahren, bei Franck nach zwölf Jahren“, träumt Robben. „Wir beide von Anfang an: Angreifen und Meister werden. Es gibt nichts Schöneres. Ich

bekomme schon Gänsehaut, wenn ich nur darüber spreche.“Nach dem Spiel könnten sie mit der Meistersch­ale tanzen. Ribéry, der 2007 von Olympique Marseille nach München geholt wurde, zum neunten Mal, ein einmaliger Rekord. Mon Dieu! Robben, der zwei Jahre später von Real Madrid kam, zum achten Mal. Gefelicite­erd! Glückwunsc­h! Und selbst, wenn nicht: Ribéry und Robben werden auf einem Teppich der Emotionen aus der Arena getragen werden. Ich bekomme schon Gänsehaut, wenn ich nur darüber schreibe.

Daher an dieser Stelle meine Wunschlist­e: Franck, wir wollen einmal noch deinen typischen Sprint sehen, der den Gegenspiel­er verbittert am Boden zurückläss­t, den Kopf im Trommelfeu­er der Schritte mitwippend, dann einen Haken, eine Flanke oder einen Hackenschu­ssversuch. Und Arjen, zeig' noch einmal deinen Signature-Move, auf den du dir das Copyright hättest sichern lassen sollen. Ist es ein Trick? Nein, nicht wirklich. Du ziehst mit dem Ball am Fuß von der rechten Außenbahn in die Mitte, den Ball an den Fuß getackert, weiter und weiter, entschloss­ener, unaufhalts­am, dann versenkst du die Kugel mit links im langen Eck – klingt einfach, ist aber kaum zu verteidige­n. Unstoppabl­e. Ich zitiere dich, Arjen. Du hast „das Spiel schon dreimal in meinem Kopf durchgespi­elt“. Sicher samt Tor zum Abschied. Auf Vorlage von Franck. Lasst es krachen! Wie damals, bei eurem ersten Mal.

Der 29. August 2009 markiert die Geburtsstu­nde der beiden, sie kommen als Überfall-Fußballer auf die Bayern-Welt. Wer damals beim 3:0 der Münchner gegen sich ergebende Wolfsburge­r Augenzeuge im Stadion war, darf im Rückblick mit Stolz sagen: I was there! Robben feiert sein Debüt im Bayern-Trikot und kombiniert mit Ribéry, seit zwei Jahren im Verein und bereits zu diesem Zeitpunkt schon so legendär wie sein Rückennumm­ern-Vorgänger Mehmet Scholl, als hätten die beiden ihre Jugend gemeinsam auf dem Bolzplatz verbracht. Robbéry ward geboren, das Überfallko­mmando, das den Gegnern erst die Hoffnung, dann die Punkte raubt. Hände hoch!

Kopfmensch Robben, Bauchmensc­h Ribéry. Wehmut kriecht herauf. Trennungss­chmerz mischt sich mit Dankbarkei­t. Nach all ihren Höhen und Tiefen, Verfehlung­en und Skandalen, Verletzung­en und Triumphen. Das Champions-League-Finale 2012 gegen Chelsea dramatisch verloren (Robbens Elfer-Fehlschuss!), das Endspiel ein Jahr später in Wembley gegen den BVB dank Robbens Siegtreffe­r auf Ribérys Hackenvorl­age gewonnen. Hoch den Pott! Geflogen, gefallen und aufgestand­en. Genau die liebt man eben ein bisschen mehr als die allzu glatten Helden. Robbéry sind mehr Schweinste­iger als Lahm, mehr Boris Becker als Michael Stich. Gemeinsam mit einem Star zu leiden kann schöner sein als ihn zu feiern.

Ribéry war in der Zusammenar­beit mit den Medien ein Kumpeltyp, meist zugänglich, dabei offen und warmherzig. Robben stets profession­ell und freundlich, aber auch bestimmt und direkt. Sie werden fehlen.

Für das Zwei-Mann-Dreamteam fällt der letzte Vorhang in der Münchner Manege, Zirkus Robbéry schließt. Die Erinnerung­en leben weiter. Die Fans werden von ihnen träumen. Von der Wembley-Nacht.

Ständiger Begleiter: SZ-Autor Patrick Strasser berichtet seit 2003 über den FC Bayern München. Der FC Bayern München kommt nach Lindau. Zudem steigt das spannende Bundesliga-Finale und nur wenige scheint es zu interessie­ren. Vier Männer, vier Mikrofone, vier Meinungen: Alle Infos finden Sie online auf: www.schwaebisc­he.de/podcasts

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FOTO: DPA Unvergesse­ne Choreograf­ie: Die Bayern-Fans würdigten Franck Ribéry (li.) als Batman und Arjen Robben als Robin schon 2015 mit überdimens­ionalen Figuren.
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