„Diese Abschreckungslogik ist pervers“
Die Ellwangerin Carola Moser hat an der NPT-Konferenz in New York teilgenommen
ELLWANGEN/NEW YORK - Carola Moser aus Ellwangen ist eine entschiedene Atomwaffengegnerin. Als Mitglied der Friedenswerkstatt Mutlangen war die junge Historikerin jetzt in New York, um Flagge im Kampf gegen die atomare Aufrüstung zu zeigen.
Der Name der Konferenz, an der Moser teilgenommen hat, ist sperrig: „Preparatory Committee of the Nuclear Non-Proliferation Treaty“, kurz NPT. Unter diesem Mantel haben sich vom 29. April bis 10. Mai im UN-Hauptquartier nicht nur Friedensaktivisten aus der ganzen Welt getroffen, sondern auch Delegierte aller Vertragsstaaten des Atomwaffensperrvertrages. Anlass des NPTTreffens ist eine wichtige Konferenz, die im kommenden Jahr ansteht. 2020 soll der Atomwaffensperrvertrag, der 1970 in Kraft getreten ist und bis dato dafür gesorgt hat, dass Nuklearwaffen nicht noch stärker in der Welt verbreitet sind, im Rahmen einer Konferenz überprüft werden.
Begegnung mit Nagasaki-Opfer
Carola Moser, die mit einer 16-köpfigen Delegation aus Deutschland nach New York gereist ist, hat die erste Woche des NPT-Vorbereitungskomitees live miterlebt, dabei sehr viele Gespräche geführt und wertvolle Erfahrungen gesammelt.
Am beeindruckendsten sei für sie eine Begegnung mit Kido Sueichi gewesen. Einem 79-jährigen Japaner, der am 9. August 1945 als Fünfjähriger den Atombombenabwurf auf Nagasaki überlebte. „Er erklärte uns, dass er an dem Tag eine Ahnung davon bekommen habe, wie das Ende der Welt aussehen könnte“, berichtet Moser mit bewegter Stimme.
Die Ellwangerin hatte sich auf ihre NPT-Teilnahme intensiv vorbereitet. Im Vorfeld fanden dazu zwei Vorbereitungsseminare statt. Eines in Berlin und eines in der Eifel beim Fliegerhorst Büchel, wo heute noch 20 amerikanische Atombomben lagern sollen. Hier erfuhr Moser unter anderem, dass die Bomben im Falle eines Falles von deutschen Kampffliegern abgeworfen werden müssten. Und dass nuklear tatsächlich wieder aufgerüstet werden soll. Nicht quantitativ, aber qualitativ. „Die Waffen sollen künftig wohl leichter lenkbar werden.“„Erschreckend“sei das, sagt Moser, die Mitglied der Partei Die Linke ist. In New York hätten Delegierte der Atommächte zwar versichert, dass niemand Angst haben müsse. Die Waffen würden schließlich niemals eingesetzt und dienten einzig und allein zur Abschreckung. Die 27-jährige Ellwangerin kann mit dieser Art von Argumentation aber nichts anfangen. „Diese Abschreckungslogik ist doch pervers. Mit Atomwaffen kann nur derjenige abschrecken, der auch bereit ist, sie einzusetzen“, findet sie und zeigt sich besorgt, dass die USRegierung Anfang dieses Jahres aus dem INF-Vertrag mit Russland ausgestiegen ist, in dem bislang der Verzicht auf atomare Mittelstreckenwaffen geregelt war.
Ob ihr Einsatz und der ihrer Mitstreiter bei der NPT etwas bringt? Moser zögert mit einer Antwort. Sie wolle nicht so „negativ“klingen. Aber sie sei auch Realistin. Die Atommächte würden von ihrem Fahrplan nicht abweichen. Daran ändere vermutlich auch das sehr energische Youth Statement nichts, das Jugenddelegationen aus Deutschland, den USA, Neuseeland, Japan und Indien gemeinsam verfasst hatten und bei der NPT vortragen durften.
Die Jugend ist auch bei diesem Thema gefordert
Gleichwohl gebe es auch positive Signale, sagt die Ellwangerin. Und verweist auf den Atomwaffenverbotsvertrag – eine internationale Vereinbarung, die die Entwicklung, Produktion sowie den Test und Einsatz von Atomwaffen grundsätzlich verbieten soll. Der ausgearbeitete Vertrag wurde von der UN-Generalversammlung 2017 angenommen; bis April 2019 haben immerhin 70 Staaten, vornehmlich aus der südlichen Hemisphäre, diesen Vertrag unterzeichnet, 23 Staaten – darunter Österreich – haben ihn bereits ratifiziert.
Daraus schöpft Carola Moser Hoffnung. Sie wünscht sich, dass die Anti-Atombewegung genauso stark wird wie die Klimaschutzbewegung und dass sich noch mehr Jugendliche mit diesem Thema auseinandersetzen. „Für mich war auch vieles neu. Und vieles war erschreckend.“Aber letztlich sei auch hier die Jugend gefordert, Zeichen zu setzen. „Käme es heute zu einem Atomschlag, hätte das noch viel verheerendere Auswirkungen als 1945.“
Organisiert wurde Carola Mosers Reise zur NPT-Konferenz von der Deutschen Friedensgesellschaft und der Pressehütte Mutlangen.