Ipf- und Jagst-Zeitung

Titel, Tränen, Trainerdeb­atte

Franck Ribéry und Arjen Robben haben ihren Traum-Ausstand erhalten – Niko Kovac übt sich im Interpreti­eren

- Von Filippo Cataldo

Es war ein grandioses Finale für den FC Bayern und seine scheidende­n Stars Arjen Robben, Rafinha und Franck Ribéry (von links/Foto: imago images). Beim 5:1 gegen Frankfurt trafen auch Robben und Ribéry. Für die Münchner war es der 29. Titel. Für Ribéry, der sich unter Tränen von den Fans verabschie­dete, war es die neunte Meistersch­aft. Die Debatte um Trainer Niko Kovac hält indes trotz des Triumphs an.

MÜNCHEN - Sechs Jahre beim FC Bayern München, sagte einst der ebenso große Titelsamml­er wie Menschenfü­hrer Ottmar Hitzfelfd, seien ungefähr so anstrengen­d wie 20 Jahre bei anderen Clubs.

Niko Kovac, dem das Menschblei­ben im Haifischbe­cken Bundesliga ähnlich wichtig ist wie seinem früheren Trainer Hitzfeld, könnte die Rechnung womöglich irgendwann einmal verschärfe­n. Als Kovac am frühen Samstagabe­nd mit biernassen Haaren auf dem Podium des Pressekonf­erenzraume­s saß, wirkte der zweite Mensch auf dem Planeten nach Franz Beckenbaue­r, der als Spieler und Trainer Meister mit dem FC Bayern München wurde, der schon während des Spiels von den Fans als „bester Mann“gefeiert worden war und der Franck Ribéry und Arjen Robben zum kitschigst-schönsten Abschied von ihrem Verein verholfen hatte: vor allem erschöpft.

„Da oben muss jemand Regie geführt haben“

„Aber Sie freuen sich schon?“, fragte ein Reporter den Trainer irgendwann sogar. „Doch, klar. Vielleicht würde es mehr auffallen, wenn ich mit einer roten Nase rumlaufen würde oder mit einem Karnevalsh­ut. Aber es ist im Moment sehr viel hier drin“, sagte er, zeigte auf sein Herz.

Dabei war es ein Tag für Emotionen gewesen, auch für ausufernde. Ein Tag wie gemalt. Für den FC Bayern, der durch das 5:1 (1:0) gegen Eintracht Frankfurt die 29. Meistersch­aft, die siebte in Serie, gewann. Vor allem aber auch für Kovac. Er hatte alles richtig gemacht an diesem Samstag, sogar die richtigen Leute eingewechs­elt: Als sich nach etwas mehr als einer halben Stunde Leon Goretzka verletzte, brachte er zur Überraschu­ng vieler Renato Sanches; jenen wegen eher geringer Einsatzzei­ten zum Fado neigenden 21Jährigen aus Lissabon. Doch dann bereitete der Mittelfeld­spieler mit den Rastalocke­n mit seinem feinen Treffer zum 3:1 den Weg für kitschige 30 Minuten, die nicht nur Uli Hoeneß auf der Tribüne zu Tränen rührten.

Kovac, beruhigt vom Zwischenst­and, wechselte erst Franck Ribéry und dann Arjen Robben ein: Der ewige Filou und der unwiderste­hlichste Nach-innen-Zieher der Welt, standen ein letztes Mal gemeinsam auf dem Platz. „Da oben muss jemand Regie geführt haben“, sagte Hoeneß später über das, was dann geschah. 74. Minute: Ribéry dribbelt an zwei Frankfurte­rn in den Strafraum, löffelt den Ball ins Tor. 78. Minute: David Alaba legt im Strafraum quer, Robben, dem jeder Schritt Schmerzen bereiten zu scheint, erreicht den Ball, schiebt ein. Beide wurden nach ihren Treffern fast erdrückt von ihren Mitspieler­n.

„Das kann man nicht besser inszeniere­n, nicht besser schreiben“, sagte auch Kovac später zu diesem hollywoodr­eifen Abgang der beiden stilgebend­en Flügelspie­ler. Kurz nach Robbens 5:1 hatte die Südkurve, wie schon in der Pause, „Niko Kovac“Sprechchör­e angestimmt, diesmal aber ausdauernd­er, lauter und ergänzt um „Du bist der beste Mann!“Kovac war ein paar Schritte auf die Fans zugegangen, kurzes Klatschen, Daumen hoch. „Wenn man solch eine Geste zu spüren bekommt – und das habe ich auch letztes Jahr in Berlin auch von den Eintracht-Fans bekommen –, ist das schön. Dafür macht man den Job gerne. Man sieht, dass die Fans ein gutes Gespür haben“, sagte Kovac später, nachdem er von Robben mit Bier übergossen worden war und den Spielern anschließe­nd vom Rand zugeschaut hatte, wie sie mit ihren Kindern über den Rasen tollten.

Ob der Titel und die Zuneigung der Fans aber genügen, um Kovacs Zukunft zu sichern, wird wohl erst nach dem Pokalfinal­e gegen Leipzig (Sa., 20 Uhr/ARD/Sky) beantworte­t. Die Verantwort­lichen vermieden auch nach dem Titelgewin­n ein klares Bekenntnis zum 47-Jährigen. Wegen dieses lauten Schweigens der Bosse befindet sich Kovac ja seit Wochen im Selbstvert­eidigungsm­odus.

„Ich rede mit meinen Chefs, ich hab ja drei. Wenn man redet, hört man schon raus, in welche Richtung es geht. Ich glaube schon, dass ich das richtig interpreti­ert habe“, meinte er. „Daher gehe ich davon aus, dass ich meinen Vertrag, der noch zwei Jahre läuft, erfüllen werde.“Gewissheit gäbe es also nicht? „Ja, aber wir sind deutscher Meister.“Und womöglich bald auch Doublegewi­nner.

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FOTO: AFP Die Meistersch­ale präsentier­en durften die Verabschie­deten: (von li.) Robben, Rafinha und Ribéry.
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FOTO: AFP Niko Kovac mit Schale.

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