Ipf- und Jagst-Zeitung

Schweizer votieren pro EU

Deutliche Mehrheit für schärferes Waffenrech­t

- Von Jan Dirk Herbermann, Genf

BERN (dpa/AFP) - Die Schweizer haben sich in den mit Spannung erwarteten Volksabsti­mmungen für eine Verschärfu­ng des Waffenrech­ts sowie für Änderungen bei der Gewinnbest­euerung von internatio­nalen Unternehme­n ausgesproc­hen. Besonders umstritten war die neue Waffenrich­tlinie. Kritiker sprachen vom „Entwaffnun­gs-Diktat der EU“. Mit 63,7 Prozent fand das schärfere Waffenrech­t nun aber eine klare Mehrheit. Lediglich ein Kanton im italienisc­hsprachige­n Tessin sprach sich gegen die Änderung aus.

Damit kann die Schweiz wichtige EU-Richtlinie­n umsetzen. Die Schweiz ist zwar nicht EU-Mitglied, gehört aber wie die meisten EU-Staaten zum Schengenra­um mit offenen Grenzen, ist mit der Union über Verträge verbunden und übernimmt viele EU-Regeln. Bei einer Ablehnung der Waffenrech­tsänderung hätte die Schweiz vom Schengenra­um ausgeschlo­ssen werden können.

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ie Schweizer wollen weiter mit der Europäisch­en Union zusammenar­beiten: Eine große Mehrheit von 63,7 Prozent stimmte am Sonntag für ein schärferes Waffenrech­t, das von der EU stammt. Gleichzeit­ig sichern die Eidgenosse­n den Verbleib ihres Landes im Schengen- und Dublin-Verbund der EU. Damit setzen sie in Zeiten nationalis­tischer Stimmungsm­ache auch ein Zeichen für Europa.

Die Regierung hatte sich für die Übernahme der EU-Waffenrich­tlinie stark gemacht. Der Missbrauch von Waffen, vor allem halbautoma­tischer Gewehre, werde erschwert und die Bevölkerun­g besser geschützt. Indes musste die Regierung auch den vielen Schießfreu­nden zwischen Basel und Chiasso entgegenko­mmen. „Niemand wird entwaffnet“, versichert­e Justizmini­sterin Karin KellerSutt­er. Zugleich betonte sie: traditione­lle Veranstalt­ungen wie das Zürcher Knabenschi­eßen blieben unangetast­et. Trotz der Beteuerung­en erzwang die Interessen­gemeinscha­ft Schießen Schweiz das Referendum. Die Waffenlobb­y sah ein uraltes Schweizer „Freiheitsr­echt“, den Waffenerwe­rb, bedroht. Seite an Seite mit den Flintenfre­unden kämpfte die rechtspopu­listische Schweizeri­sche Volksparte­i gegen das „EU-Diktat“.

Enge Kooperatio­n mit Brüssel

Die Regierung wollte auch einer Konfrontat­ion mit Brüssel aus dem Weg gehen und eine enge Kooperatio­n mit Brüssel fortsetzen. Zwar gehört die Schweiz der EU nicht an, das kleine Land im Herzen Europas wirkt aber im Dublin- und SchengenVe­rbund der Union mit. Die Dublinund Schengen-Vereinbaru­ngen regeln ein Miteinande­r der meisten EU-Staaten in den Bereichen Polizei, Justiz, Grenzübert­ritt, Visa und Asyl.

Angesichts der Terroransc­hläge in Paris hatte die EU 2017 ihre Waffenrich­tlinie geändert. Die Union verlangte auch von der Schweiz die Übernahme der neuen Bestimmung­en. „Wird das Waffenrech­t nicht angepasst, könnte die Schweiz ihre Mitgliedsc­haft im Verbund der Schengenun­d Dublin-Staaten verlieren“, hatte Ministerin Keller-Sutter gewarnt. Und das hätte gravierend­e Konsequenz­en gehabt: An den Grenzen hätten Beamte wieder Personen kontrollie­ren müssen. Auch hätte die Schweiz ihren Zugang zu europäisch­en Fahndungss­ystemen verloren.

Das neue Recht zielt vor allem auf halbautoma­tische Waffen mit großem Magazin, die nun prinzipiel­l verboten werden. Allerdings gelten etliche Ausnahmen, etwa für Sportschüt­zen, Sammler und Jäger. Weiter müssen alle Teile von Waffen markiert sein. Waffenhänd­ler sind verpflicht­et, ihre Käufe und Verkäufe den kantonalen Behörden zu melden. Zudem soll die Informatio­nsweiterga­be zwischen den SchengenSt­aaten verbessert werden. So sollen die Schweizer schneller erfahren, wer in Europa keine Waffen erwerben darf – das gleiche gilt auch auf dem umgekehrte­n Weg.

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