So funktioniert die Kommunalwahl
„Kumulieren“und „Panaschieren“– Wahlrecht im Südwesten gilt als kompliziert
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STUTTGART - Ein Wahlzettel, eine Stimme – so einfach wie bei der Europawahl läuft es bei der Kommunalwahl, die ebenfalls am 26. Mai stattfindet, nicht. Wer wahlberechtigt ist, kann abhängig von seinem Wohnort bis zu 60 Stimmen vergeben. Die „Schwäbische Zeitung“beantwortet die wichtigsten Fragen, damit am Wahltag nichts schief läuft.
Was wird gewählt?
Die Stimmberechtigten wählen die Kreistage, Gemeinderäte und Ortschaftsräte in ganz Baden-Württemberg. Damit stecken sie für die nächsten fünf Jahre die Kräfteverhältnisse in den kommunalen Bürgervertretungen ab. Wer in der Region Stuttgart wahlberechtigt ist, kann auch über die Zusammensetzung der Regionalversammlung entscheiden – diese kümmert sich unter anderem um die regionale Wirtschaftsförderung, Verkehrsplanung und das Tourismusmarketing.
Gemeinderat, Ortschaftsrat, Kreisrat: Wofür sind die Gremien überhaupt zuständig?
Bauleitplanung, Feuerwehr, Abwasserentsorgung – es gibt eine ganze Reihe von Aufgaben, die eine Gemeinde erfüllen muss. Dies ist gesetzlich vorgeschrieben. Hinzu kommen freiwillige Aufgaben, um die sich eine Gemeinde kümmern kann, wenn der Bedarf und die finanziellen Mittel vorhanden sind: beispielsweise der Betrieb eines Museums, einer Bibliothek oder eines Schwimmbads. Ob und wie etwas umgesetzt wird, darüber entscheidet der Gemeinderat. Manchmal liegen die Teilorte einer Gemeinde weit auseinander; in solchen Fällen kann ein Ortschaftsrat die Interessen des Teilorts vor der Gemeinde vertreten. Für alles, was den gesamten Landkreis betrifft, ist der Kreistag zuständig – dazu zählen die Tourismusförderung, der öffentliche Nahverkehr und der Bau von Kreisstraßen.
Wie wird gewählt?
Die Gemeinden verschicken die Stimmzettel – teils ist dies schon passiert – etwa eine Woche vor der Wahl. Diese können am Wahltag persönlich abgegeben oder, wenn beantragt, per Briefwahl eingesandt werden. Wer seinen Stimmzettel verlegt oder falsch ausgefüllt hat, kann im Wahllokal gegen Vorlage des Personalausweises einen neuen bekommen.
Das kommunale Wahlrecht in Baden-Württemberg gilt im Vergleich zu dem in anderen Bundesländern als kompliziert. Die Anzahl der Stimmen richtet sich nach der Anzahl der Sitze im Gemeinderat. Je nach Gemeindegröße sind es zwischen acht und 60 – entsprechend haben Wähler in den größten Gemeinden 60 Stimmen. Achtung: Wer zu viele Kreuze setzt, macht seine Stimmen ungültig.Bei der Stimmabgabe gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder können die Wähler einen der Stimmzettel – also den Wahlvorschlag beziehungsweise die Liste einer Partei – unverändert abgeben. Dann erhält jeder auf diesem Stimmzettel aufgeführte Bewerber eine Stimme, höchstens jedoch so viele Bewerber in der Reihenfolge von oben wie für den jeweiligen Wohnbezirk zu wählen sind.
Option zwei: Die Wähler „kumulieren“und „panaschieren“. Dabei handelt es sich um eine Besonderheit des kommunalen Wahlrechts. Kumulieren bedeutet, dass die Wahlberechtigten Kandidaten mehrere Stimmen geben dürfen, und zwar bis zu drei. Beim Panaschieren verteilen die Wähler ihre Stimmen auf Kandidaten verschiedener Parteien: Sofern sie nur einen Stimmzettel benutzen und dabei auch Bewerbern von anderen Wahlvorschlägen Stimmen geben wollen, tragen sie deren Namen in die freien Zeilen auf dem Stimmzettel ein, den sie für die Stimmabgabe verwenden. So ist es zum Beispiel möglich, einen CDUBewerber oder eine FDP-Politikerin auf eine SPD-Liste zu übernehmen – wer abstimmt, kann de facto seine eigene Liste zusammenstellen. Wem das zu umständlich ist, der kann auch panaschieren, indem er mehrere Stimmzettel abgibt, nachdem er seine Wunschkandidaten auf den Wahlvorschlägen angekreuzt hat.
Wer darf wählen?
Bei der Kommunalwahl in BadenWürttemberg gibt es 8,7 Millionen Wahlberechtigte – gewählt werden darf ab 16 Jahren. Erstmals ihre Stimme abgeben dürfen Menschen, die wegen einer Behinderung eine gerichtlich bestellte Betreuung haben. Bislang waren sie pauschal von Wahlen ausgeschlossen.
Wie ist die vergangene Kommunalwahl ausgegangen?
Das Statistische Landesamt spricht bei der Wahl 2014 von einem Rekordtief bei der Beteiligung: Sie lag bei knapp 50 Prozent. Bei der Gemeinderatswahl schnitten die Wählervereinigungen landesweit mit 37,9 Prozent am besten ab. Das zweitbeste Ergebnis erzielte die CDU (27,9), es folgten SPD (16,4), Grüne (8,5), FDP (2,8), die Linke (1,0) und die AfD (0,9). Bei der Kreistagswahl bekam die CDU die meisten Stimmen (35,7), den zweithöchsten Anteil erhielten die Wählervereinigungen (24,3). An dritter Stelle stand die SPD (17,6). Grüne (12,3), FDP (3,6), die Linke (1,8) und AfD (0,9) folgten. Der Rest entfiel auf andere Parteien.
Wann liegen die Ergebnisse vor?
Wegen des komplexen Wahlsystems dauert die Auszählung etwas länger – zumal sich die Wahlhelfer zunächst um die Stimmen für die Europawahl kümmern müssen. Die ersten vorläufigen Ergebnisse der Kommunalwahl sollen laut Statistischem Landesamt am Montag, 27. Mai, vorliegen.
Wie viele Gemeinderäte gibt es im Land? Was macht ein Kreisrat? Antworten auf diese und weitere Fragen zur Wahl gibt es im Erklärvideo unter www.schwäbische.de/kommwahl