Ipf- und Jagst-Zeitung

Übervater

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Die FPÖ lag am Boden, als Heinz-Christian Strache die Partei 2005 übernahm. Mit einem Anti-Ausländer-Kurs und dem Image eines volksnahen Politikers führte er die Partei von Erfolg zu Erfolg. Im Dezember 2017 ging sein Traum in Erfüllung: Der 49-jährige gelernte Zahntechni­ker wurde im Kabinett von Sebastian Kurz Vizekanzle­r und Sportminis­ter.

Er fühlte sich sichtbar wohl in seiner Rolle, gab sich staatstrag­end und als braver Familienme­nsch. Zur Geburt seines Kindes im Januar nahm sich der starke Raucher medienwirk­sam einen Monat dienstfrei, um sich um Sohn Hendrik kümmern zu können. Das Video, das zu seinem Sturz führte, wirkt in vielfacher Hinsicht umso entlarvend­er. Strache selbst räumt im Nachhinein „Macho-Gehabe“und einen peinlichen, katastroph­alen Auftritt in der Villa der angebliche­n russischen Investorin ein. Zugleich ließ seine Rücktritts­rede erkennen: Er sieht sich als Opfer einer Intrige und will mit den unbekannte­n Drahtziehe­rn abrechnen.

Seine Parteikarr­iere startete Strache mit 21 Jahren als jüngster Bezirksrat in Wien-Landstraße. Später angelte er sich ein Mandat im Wiener Landtag und galt rasch als Hoffnungst­räger der traditione­ll starken Landesgrup­pe, deren Chef er seit eineinhalb Jahrzehnte­n ist.

Straches politische­r Ziehvater war der Rechtspopu­list Jörg Haider (1950-2008), mit dem er sich bei weitem nicht immer einig war. Als Haider 2005 die FPÖ verließ und das Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) gründete, war der Weg für Strache frei.

Auch wiederkehr­ende Vorwürfe aus der Vergangenh­eit – etwa die zeitweilig­e Nähe zu Neonazi-Gruppen – stoppten Straches Aufstieg nicht. Die FPÖ hat sich nicht zuletzt dem Kampf gegen den politische­n Islam verschrieb­en. Die Kritik an der EU ist deutlich, aber ein Austritt aus der EU ist für die FPÖ aktuell kein Thema. (dpa)

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FOTO: DPA Gibt sich gern volksnah: Der zurückgetr­etene FPÖ-Chef Heinz Christian Strache (FPÖ) bei einer Kundgebung zum 1. Mai 2018.

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