Nationalisten-Treffen im Schatten des FPÖ-Skandals
Vertreter von Lega, AfD und ihren europäischen Verbündeten starten vor Zehntausenden Anhängern in die heiße Phase des Europawahlkampfs
MAILAND (AFP/dpa) - Überschattet vom Rücktritt des österreichischen FPÖ-Chefs und Vizekanzlers HeinzChristian Strache haben sich in Mailand am Samstag Vertreter rechtspopulistischer und nationalistischer Parteien zu einer gemeinsamen Kundgebung versammelt. Eine Woche vor der Europawahl geißelten sie Einwanderung, den Islam und die EU-Politik in Brüssel.
Vor Zehntausenden Sympathisanten in Mailand attackierten Gastgeber Matteo Salvini von der einwanderungsfeindlichen italienischen Lega-Partei und weitere Redner ein „Europa der Eliten“und „der Vergangenheit“. Als Hauptredner der Veranstaltung warb er für eine Allianz „Europa des gesunden Menschenverstandes“(Europe of common sense), die nach der Europawahl im EU-Parlament eine große Fraktion gründen soll.
Ein Dutzend Parteichefs und andere Spitzenpolitiker nahmen teil, darunter auch Jörg Meuthen von der Alternative für Deutschland (AfD) und Geert Wilders von der niederländischen Freiheitspartei (PVV). „Wir müssen nach Merkel, Juncker und Macron sauber machen“, sagte der Vertreter der dänischen Volkspartei. Meuthen und Salvini sprachen von einer anstehenden Zeitenwende. Es sei der „historische Moment“, den Kontinent von der „Besatzung“durch Brüssel zu befreien, rief Salvini Tausenden Anhängern auf dem Mailänder Domplatz zu.
Als vorletzte Rednerin sprach die französische Rechtspopulistin Marine Le Pen. Sie prangerte eine „Oligarchie ohne Orientierung“an, die die „Auflösung der Nationen“wolle. Noch vor Beginn wurde das Treffen jedoch vom „Ibiza“-Skandal um Strache eingeholt. Der FPÖ-Spitzenkandidat für die Europawahl, Harald Vilimsky, ließ sich wegen des Skandals in Mailand von dem Abgeordneten Georg Mayer vertreten. Dieser ging nicht auf die Regierungskrise in seinem Land ein, sondern forderte dazu auf, „die Einwanderung aus Afrika und dem Nahen Osten zu stoppen“.
Die Enthüllungen um den FPÖFrontmann Strache kommen für Salvini und seine Hauptverbündete Le Pen äußerst ungelegen. Die französische Rechtspopulistin betonte auf einer Pressekonferenz in Mailand, ihre Partei Rassemblement National (RN) halte sich „strikt“an die Regeln zur Parteienfinanzierung.
Hindernisse für Rechtsbündnis
Le Pen und weitere RN-Mitglieder sind allerdings selbst Gegenstand von Ermittlungen wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder. Auch die AfD steht wegen diverser dubioser Wahlkampfspenden unter Druck.
Erklärtes Ziel der rechten Europäischen Allianz ist es, eine engere Zusammenarbeit auf EU-Ebene zu stoppen, Nationalstaaten zu stärken und eine „Festung Europa“zu schaffen. Im Detail ist das Zweckbündnis aber uneins. Ihm wurden in Umfragen zuletzt 72 von 751 Mandaten zugetraut. Doch rund drei Viertel der Abgeordneten werden Projektionen zufolge auch künftig EU-freundlich ausgerichtet sein. Und sie wollen mit den Nationalisten nicht zusammenarbeiten. Bisher gelang es Salvini und Le Pen außerdem nicht, die Fidesz-Partei von Ungarns Regierungschef Viktor Orban ins Boot zu holen. Orbans Partei blieb ebenso wie die regierende polnische PiS dem Mailänder Treffen fern.
In einem Mailänder Park versammelten sich am Samstag Hunderte Demonstranten zu einer Gegenkundgebung zur Veranstaltung der Rechtspopulisten: Auf Plakaten stand „Migranten willkommen, weist Salvini aus“. Zugleich gingen tausende Italiener zur Unterstützung Salvinis auf die Straße.