Menschenmassen für ein soziales Europa
Zehntausende demonstrieren vor Europawahl – 50 Demos in 13 Ländern
FRANKFURT A.M. (epd/dpa) - Eine Woche vor der Europawahl sind in ganz Deutschland am Sonntag Zehntausende Menschen gegen Rechtspopulismus und für ein soziales Europa auf die Straße gegangen. Aufgerufen hatte das Bündnis „Ein Europa für alle – Deine Stimme gegen Nationalismus“. Auf Plakaten und Transparenten verliehen die Demonstranten ihren Forderungen Nachdruck, bei der Europawahl das Feld nicht Populisten und Rechtsextremisten zu überlassen. Die größte Kundgebung fand den Angaben zufolge in Köln mit 45 000 Teilnehmern statt. Bundesweit waren laut Veranstaltern über 150 000 Menschen auf der Straße. Nach Veranstalterangaben waren es in Stuttgart 12 000 Menschen, in München 20 000.
Das europaweite Bündnis hatte zu rund 50 Veranstaltungen in 13 Ländern der EU aufgerufen, darunter Polen, Bulgarien, Schweden, Dänemark, Frankreich, die Niederlande und Spanien. In Deutschland gab es Demonstrationen neben Köln in Berlin, Hamburg, Leipzig, Frankfurt, Stuttgart und München. Der Protest wurde unterstützt von zahlreichen Organisationen, darunter den Gewerkschaften, dem Paritätischen Gesamtverband, Attac, den NaturFreunden Deutschlands, Pro Asyl und kirchlichen Hilfswerken.
In Köln zählten die Veranstalter rund 45 000 Teilnehmer, die Polizei sprach von bis zu 30 000. Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) appellierte, sich an der EU-Wahl zu beteiligen. An einem Bühnenprogramm beteiligten sich Kölner Bands wie die Höhner, Brings und BAP mit Sänger Wolfgang Niedecken. In Berlin gingen bei strahlendem Sonnenschein mehrere Tausend Menschen gegen Rechtspopulismus und für ein soziales Europa auf die Straße. Laut Veranstalterangaben zogen rund 20 000 Menschen vom Alexanderplatz zur Siegessäule am Großen Stern, die Polizei zählte etwa die Hälfte, wie ein Sprecher auf Anfrage mitteilte.
Auf der Abschlusskundgebung vor der Siegessäule warnte der Berliner evangelische Bischof Markus Dröge vor einem Erstarken der Populisten im neuen Europaparlament. Dagegen müssten die Bürger ein Zeichen setzen und wählen gehen. Europa sei nicht perfekt, es gebe viel zu ändern. Dies müsse aber weiter im Geist der Partnerschaft, der Völkerverständigung und der Versöhnung erfolgen. Populisten spielten „mit dem Feuer völkischer Ideologien und nationalem Egoismus“, um das Friedensprojekt Europa von innen heraus zu schwächen, so Dröge.
Bei der Großdemonstration am Sonntag in München kamen nach Veranstalterangaben am frühen Nachmittag etwa 20 000 Demonstrierende zusammen. Matthias Jena, Vorsitzender des DGB Bayern, forderte gute Arbeitsbedingungen statt eines Dumping-Wettbewerbs in ganz Europa. Auf dem Münchner Odeonsplatz rief Jena nach Angaben des Gewerkschaftsbundes dazu auf, die Europäische Union als „Vorbild für eine faire Globalisierung“aufzustellen.
12 000 Menschen in Stuttgart
Auf den Stuttgarter Arnulf-KlettPlatz kamen nach Veranstalterangaben 12 000 Menschen. Etwa 10 000 waren erwartet worden. Christian König von der Initiative „Mehr Demokratie“teilte in Stuttgart mit, dass die Demonstrierenden auch für eine hohe Wahlbeteiligung demokratisch gesinnter Bürgerinnen und Bürger warben. Sie engagierten sich dafür, dass es in Zeiten nationaler Alleingänge wichtiger denn je sei, sich als solidarische Gesellschaft für ein einiges Europa einzusetzen. Die EU von heute müsse sich ändern, wenn sie eine Zukunft haben wolle.
Auch in anderen europäischen Städten gab es Kundgebungen. In Wien kamen Tausende zu der Demonstration „Ein Europa für Alle“. Die Polizei sprach von 2500, die Veranstalter von 6000 Teilnehmern. In Polen gab es kleinere Kundgebungen unter dem Motto „Schicksal der Frauen, Stimme der Frauen“in Städten wie Warschau, Krakau und Breslau.