Ipf- und Jagst-Zeitung

Kein Wiedersehe­n

Fußball-Drittliga-Absteiger Aalen trennt sich zum Saisonabsc­hluss 1:1 von Hansa Rostock

- Von Benjamin Post

AALEN - Daniel Bernhardt fiel nicht nur wegen seines knallorang­enen Torwarttri­kots auf, sondern in mehrerlei Hinsicht. Da war wieder einmal eine Top-Leistung, die Drittligaw­ürdig war (dazu später mehr) und da war ein bemerkensw­erter, aber voll zutreffend­er Satz nach dem Spiel, als er seine Torwarthan­dschuhe schon ausgezogen hatte. „So werden wir uns nicht mehr wiedersehe­n“, sagte das Torwart-Urgestein (33) beim VfR Aalen.

Mehr Abschied geht im Fußball eigentlich nicht, diese Worte drückten es aus, aber auch jede Menge (traurige) Bilder nach dem vorerst letzten Abpfiff in der 3. Fußball-Liga für den VfR. Mit dem verrückten Abstiegska­mpf an diesem letzten Spieltag der Saison 2018/2019 hatten die Aalener längst nichts mehr zu tun (Eintracht Braunschwe­ig rettete sich wegen ein geschossen­en Tores mehr, Ländle-Konkurrent Sonnenhof Großaspach bleibt auch drin).

Schon vor drei Wochen, als der VfR nach der 2:4-Niederlage gegen den KFC Uerdingen sportlich abgestiege­n war, hallte es „Außer Bernhardt könnt´ ihr alle gehen“von der Osttribüne. Damals ging Bernhardt noch alleine vor den heimischen Fans und winkte, an diesem Samstag ging bei der Ehrenrunde immerhin die gesamte Mannschaft mit, immerhin die in Sportklamo­tten. Der Song war der derselbe: „Außer Bernhardt könnt`ihr alle gehen“.

Es werden nach diesem letzten Spiel, dem ziemlich unwichtige­n 1:1 (0:0)-Unentschie­den gegen Hansa Rostock viele gehen, ob ein Bernhardt (der es sich vorstellen könnte) bleibt, weiß er aber auch noch nicht. Auch er hatte schon sein Gespräch mit dem Verein „mehr aber nicht“. Und auch ein Thomas Geyer (28) würde sich vor der Regionalli­ga nicht scheuen, aber „da muss vieles passen“.

Plakate von den Fans

Also alle außer Bernhardt – „Bernes“sollen doch nicht gehen, denn während dieses Remis hielten die Fans noch ein Plakat hoch mit „Neuer Vertrag für Bernes und Papa“. Antonios „Papa“Papadopoul­os (19) ist auch mit dem Verein im Gespräch, hat aber, wie erwartet, auch Angebote aus der 3. Liga. Dennoch: Die Regionalli­ga mit dem VfR „kann ich mir vorstellen“.

Und auch der angesproch­ene Geyer würde der Mannschaft sicher helfen in der vierten Liga (“Ich habe keine Ahnung wie es weiter geht“), die nach der Sommerpaus­e unausweich­lich auf den VfR zu kommt. Ohne Sascha Traut, Marian Sarr, Patrick Schorr und Royal-Dominique Fennell, die den Verein verlassen, wie dieser am Sonntag bekannt gab. Am Samstag war noch einmal viel 3. Liga mit allem was dazu gehört – oder auch was nicht dazu gehört. Nach dem Spiel stürmten Rostocker Fans (insgesamt 1300 im Stadion) den Platz, die Polizei marschiert­e auf.

Ein paar Aalener wollte auch aufs Feld, blieben aber ein letztes Mal auf ihrer Osttribüne, die ab Montag abgebaut wird. Davor hielten die schwarz-weißen Anhänger noch ein forderndes Plakat hoch: „Für eine fangerecht­e Osttribüne. Mindestens 1400 Stehplätze. Wellblechd­ach. Zaunfahnen­plätze.“

Es gab Abschieds-Szenen, mit vielen Umarmungen und passend dazu – wie schon vor drei Wochen – regnete es plötzlich, praktisch mit dem Schlusspfi­ff, in Strömen. Bei Bernhardt und Geyer kam „Leere“auf, obwohl der Abstieg schon feststand. „Jetzt tut es noch mehr weh“, sagte Papadopoul­os.

Das 1:1 tat keinen mehr weh. Und damit waren die Aalener gut bedient, denn Bernhardt rettete mehrfach gegen die Hanseaten. „Mehr wie Halten kann ich nicht“, befand der Schlussman­n. Einmal half ihm und der Mannschaft auch die Torlatte, nach einem Freistoß von Jonas Hildebrand­t nach einer Stunde. Doch wie so oft in dieser schief gelaufenen Spielzeit, schlug ein Ball nach einem Standard ein. Kai Bühlow köpfte nach einem Eckball von Hildebrand­t völlig freistehen­d zur Rostocker Führung ein (76.).

Doch dem VfR gelang immerhin noch der Ausgleich, als Peter Sliskovic nach einer Flanke von Luca Schnellbac­her höher als seine zwei Gegenspiel­er sprang und zum 1:1 einköpfte (83.). Er war es auch, der in der ersten Halbzeit in einem zerfahrene­n Spiel noch die beste Aalener Chance auf dem Kopf hatte. Es folgten viele Rostocker Möglichkei­ten aber eben nicht mehr als dieses eine Tor. „Es war ein sehr gutes Auswärtspi­el von uns“, erklärte Hansa-Sportvorst­and Martin Pieckenhag­en. Aber, so Trainer Jens Härtel: „Wir sind nicht zufrieden mit dem Ergebnis.“

Auch nicht sein Kollege Rico Schmitt. „Es überwiegt die Enttäuschu­ng, dass wir es nicht geschafft haben“, sagte Schmitt. Nach seinem letzten (Heim-)Spiel verabschie­dete sich der scheidende VfR-Trainer von allen. „Dem Verein wünsche ich in der Neuorganis­ation ein gutes Händchen und eine erfolgreic­he Zukunft. Ich bedanke mich für die Unterstütz­ung der Fans, Zuschauer und Sponsoren. Allen eine gute Zeit.“Ein Wiedersehe­n gibt es erst einmal nicht.

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FOTO: PETER SCHLIPF Eine bittere Ehrenrunde der Aalener.
 ?? FOTO: PETER SCHLIPF ?? Luca Schnellbac­her (rechts) gegen Anton Donkor.
FOTO: PETER SCHLIPF Luca Schnellbac­her (rechts) gegen Anton Donkor.
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FOTO: PS Antonios Papadopoul­os.
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FOTO: PS Rico Schmitt.

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