Die Nervenprobe geht gegen Union
Interimstrainer Willig holt sich Tipps von Schalke-Coach Stevens – Hitzlsperger erwartet „hart umkämpfte Spiele“
STUTTGART (falx/dpa/SID) - Nun hat der VfB Stuttgart endlich Gewissheit: Im Kampf um den Verbleib in der Bundesliga muss die Mannschaft von Interimstrainer Nico Willig in zwei Duelle mit dem 1. FC Union Berlin. Angst und allzu große Demut müssen die Württemberger mit Blick auf die weitgehend schwache Leistung der Berliner beim 2:2 in Bochum allerdings nicht haben, auch wenn den Unionern in einer stürmischen Schlussphase nur ein Tor zum direkten Aufstieg fehlte. Sportchef Thomas Hitzlsperger rechnet aber vor dem Hinspiel am Donnerstag (20.30 Uhr/Eurosport Player) in Stuttgart mit einem engen Rennen: „Ich erwarte zwei hart umkämpfte Spiele gegen einen starken Gegner. Union Berlin hat eine sehr gute Saison in der zweiten Liga gespielt.“
Anthony Losilla (24. Minute) und Silvère Ganvoula per Foulelfmeter (49.) zerstörten in Bochum den Berliner Traum vom zweiten Platz in der Abschlusstabelle – den sicherte sich der SC Paderborn trotz eigener Niederlage in Dresden. Grischa Prömel sorgte für den Anschluss (83.). Drei Minuten später ließ Joshua Mees die Gäste-Fans hoffen – vergebens. „Das ist echt bitter am Ende, aber wir müssen es akzeptieren“, sagte Oliver Ruhnert, Geschäftsführer Profifußball. Die Stimmung von Union-Trainer Urs Fischer war entsprechend: „Es ist sehr schwierig, die richtigen Worte zu finden. Auch bei mir ist eine große Leere“, sagte der Schweizer ernüchtert: „Aber es muss weitergehen. Bis Donnerstag müssen wir wieder bereit sein für die beiden Spiele.“
Dass seine Mannschaft am Wasen etwa mehr bereit ist, hofft Nico Willig, der sich schon nach dem 0:0 beim FC Schalke 04 Tipps vom Ex-VfBRetter Huub Stevens erhoffte. Er saß neben dem Schalke-Coach und wollte seine Verehrung nicht verbergen. „Vielleicht kann ich mir gleich noch einen Tipp von ihm holen, wie man seine Mannschaft vor dem Abstieg bewahrt“, sagte Willig: „Er ist für mich ein großes Vorbild.“
Die Rettung mit Schalke – die die Verpflichtung des Ex-VfB-Sportvorstandes Michael Reschke als Technischen Direktor bestätigten – hat der 65 Jahre alte Stevens bereits vor dem letzten Saisonspiel geschafft. Den VfB hatte er in seiner Karriere auch schon zweimal in der Liga gehalten. Entsprechend wurde er nach seinem wohl wirklich letzten Spiel als Trainer von beiden Seiten gehuldigt. Wie es jetzt gegen Union mit dem Klassenerhalt klappen soll, wird aber auch Stevens nicht sagen können.
Hitzlsperger weiß zumindest, was seine Mannschaft gegen den Zweitliga-Dritten erwartet. „Es ist nicht einfach, gegen Union Tore zu erzielen“, sagte der Sportchef. Mit 33 Gegentoren stellen die Ost-Berliner die mit Abstand beste Defensive der 2. Liga. Dennoch betrachten die Stuttgarter nach einer völlig verkorksten Saison die Relegation als Geschenk. „Wir müssen dankbar und froh sein, dass wir mit 28 Punkten überhaupt eine Chance haben, über diese zwei Spiele die Liga zu halten“, sagte Kapitän Christian Gentner. Und auch Hitzlsperger sieht die Nervenspiele als Bonus an. „Ich bin schon froh, dass wir diese Spiele haben, weil diese Saison nicht so vieles gut war“, sagte er.
2014er-Weltmeister Ron-Robert Zieler sah es – nach dem wenig spektakulären Auftritt auf Schalke – nüchtern. „Der Druck wird brutal
„Wir wissen aber, dass das alles nichts wert ist, wenn wir die nächsten zwei Spiele vergeigen.“
Thomas Hitzlsperger
sein. Aber wir haben uns das selbst eingebrockt. Wir sind selbst schuld, also müssen wir jetzt auch dem Druck standhalten“, sagte der Torhüter und ergänzte trotzig: „Entschuldigung, wir sind Leistungssportler. Ich erwarte, dass jeder weiß, um was es geht. Das muss einfach möglich sein.“
Hitzlsperger ist nach sieben Punkten aus vier Spielen unter Willig optimistisch. „Aktuell scheint es zu funktionieren [...] Ich habe keine Sorge, dass die Spieler im falschen Modus sind.“Die vier Wochen unter Willig hätten „die Zuversicht gestärkt“, sagte Hitzlsperger: „So wie in den letzten Wochen sollten wir arbeiten, sollten wir trainieren, sollten wir spielen.“Zumindest die Unterstützung von ihrem ehemaligen Retter Stevens haben die Bad Cannstatter sicher: „Sie haben heute gezeigt, dass sie in die 1. Bundesliga gehören. Wenn sie so spielen wie gegen uns, dann schaffen sie es.“Aber nicht nur Hitzelsberger weiß, „dass das alles nichts wert ist, wenn wir die nächsten zwei Spiele vergeigen.“