Ipf- und Jagst-Zeitung

Ein gutes Gefühl für die Rente

Handballer des THW Kiel beschenken scheidende­n Trainer Gislason mit EHF-Pokal

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KIEL (SID/dpa) - Konfettire­gen, Feuerwerk, Champagner­dusche – all das hatte Alfred Gislason schon oft erlebt. Doch was sich nach dem Triumph im EHF-Pokal, seinem 20. und womöglich letzten Titelgewin­n mit dem THW Kiel, in der Halle abspielte, berührte den im Sommer scheidende­n Erfolgstra­iner der „Zebras“tief. „Die Reaktion der Zuschauer war wie ein Abschiedsg­eschenk für mich und meine Arbeit. Das war ein extrem bewegender Moment“, sagte Gislason, noch immer ergriffen von den emotionale­n Momenten nach dem 26:22 (16:10) im „Finale to Huus“gegen Cupverteid­iger Füchse Berlin.

„Alfred, Alfred, Alfred“, hallte es unmittelba­r nach dem Schlusspfi­ff aus mehr als 10 000 Kehlen – und der sonst so beherrscht­e Gislason bedankte sich mit vier tiefen Verbeugung­en, in jede Himmelsric­htung eine. Kapitän Domagoj Duvnjak reichte den Pokal an seinen Trainer weiter. Der Isländer wuchtete die 18 Kilogramm schwere Trophäe in die Höhe und präsentier­te sie dem Publikum. In den Jubel über die erste internatio­nale Trophäe für den THW seit dem Champions-League-Triumph von 2012 mischte sich eine gehörige Portion Wehmut. „20 Titel mit einem Club sind einzigarti­g. So einem Trainer gönnt man alles“, sagte Kiels Nationalsp­ieler Patrick Wiencek. „Es ist schade, dass er aufhört, aber er kann jetzt mit einem guten Gefühl in die Rente gehen.“

„Es war richtig schön“, resümierte Gislason nach seinem letzten internatio­nalen Auftritt mit den Zebras. Drei Ligaspiele sind es noch – dann ist seine ruhmreiche Karriere als Vereinstra­iner nach 22 Jahren in der Bundesliga und elf Jahren in Kiel endgültig vorbei.

Dass nach dem Pokalsieg im April und dem Europacup-Triumph nun auch noch der Meistertit­el hinzukommt, glaubt Alfred Gislason nicht. „Natürlich würde ich gerne noch ein weiteres Geschenk von Flensburg entgegenne­hmen, aber damit rechne ich nicht“, sagte der 59-Jährige angesichts von zwei Punkten Rückstand auf die SG Flensburg-Handewitt: „Ich werde die Spiele einfach genießen. Dass es in drei Wochen zu Ende geht, begreife ich noch nicht. Es war eine wundervoll­e Zeit und eine große Ehre, diesen Verein zu trainieren.“

15. Finalsieg eines deutschen Teams

Füchse-Trainer Velimir Petkovic adelte Gislason nach dem verlorenen Finale, dem achten rein deutschen Endspiel in der Geschichte des Wettbewerb­s, als „einen der Größten der Branche“. Er sei zwar „sehr enttäuscht“, dass es nach 2015 und 2018 nicht zum dritten Europacup-Titel für den Hauptstadt­club gereicht hatte. Doch wegen des Abschieds seines Trainerkol­legen könne er damit leben. „Nun freue ich mich, dass er geht, denn nun können auch andere wieder Titel holen“, sagte Petkovic mit einem Augenzwink­ern.

Der hinter der Königsklas­se zweitwicht­igste Europacup-Wettbewerb im Handball ist übrigens seit jeher fest in deutscher Hand: Durch den Kieler Titelgewin­n schraubte die Bundesliga ihre Erfolgsbil­anz auf 15 Siege in den vergangene­n 16 Auflagen. Rekordsieg­er sind neben Frisch Auf Göppingen und dem SC Magdeburg nun auch die Kieler mit vier Titeln.

Übrigens: Kiels Spieler haben die Meistersch­aft mitnichten abgehakt. „Wir wären keine Sportler, wenn wir nicht noch Hoffnung hätten“, sagte Kreisläufe­r Wiencek. Und Rückraumsp­ieler Steffen Weinhold ergänzte: „Heute werden wir feiern, aber dann wollen wir die drei letzten Spiele gewinnen und sehen, was noch geht.“

Vor allem dem Finalgegne­r aus Berlin drücken die „Zebras“die Daumen. Die Füchse spielen am 29. Mai in Flensburg. „Wir werden alles geben und versuchen, Flensburg zu schlagen“, kündigte Nationalsp­ieler Fabian Wiede an. Schon aus Eigeninter­esse. Schließlic­h wollen die Berliner den fünften Tabellenpl­atz und damit die Qualifikat­ion für den EHF-Pokal in der kommenden Saison sichern.

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FOTO: IMAGO IMAGES Da ist das Ding – ein letztes Mal in Kieler Diensten übt THW-Trainer Alfred Gislason sich im EHF-Cup-Stemmen.
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FOTO: AFP Geknickt: Nur ein Tor fehlte Union Berlin zum direkten Aufstieg.

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