Ipf- und Jagst-Zeitung

Autotune für junge Fans

Teenie-Schwarm Lukas Rieger veröffentl­icht sein drittes Album

- Von Thomas Bremser

BERLIN (dpa) - Immensen bei Hannover hat rund 2500 Einwohner, einen kleinen Bahnhof, mehrere Bauernhöfe und eine Dorfkirche. In einem ganz normalen Kinderzimm­er, mit Postern von Fußballern wie Messi und Ronaldo an den Wänden, produziert­e Gymnasiast Lukas Rieger vor mehreren Jahren erste Musikclips und stellte sie auf YouTube – so wie früher sein Idol Justin Bieber. Jetzt hat der 19-Jährige sein drittes Album „Justice“auf den Markt gebracht.

In den Jahren dazwischen ist viel passiert: Rieger wird 2014 in der Castingsho­w „The Voice Kids“entdeckt, bekommt später einen Plattenver­trag, schreibt ein Buch („Der Lukas Rieger Code“), macht einen Podcast und baut sich in den sozialen Netzwerken eine Fangemeind­e auf. Die Ü18-Generation kennt den Niedersach­sen wohl vor allem wegen seiner Teilnahme an der RTL-Tanzshow „Let’s Dance“in diesem Jahr – oder wegen der Poster im Kinderzimm­er.

Die jungen, meist weiblichen, Anhänger sind treue Konsumente­n, Riegers Alben „Compass“(2016) und „Code“(2018) landen auf dem vierten und zweiten Platz der deutschen Charts. Auch auf „Justice“singt der schlaksige Teenie-Schwarm ausschließ­lich auf Englisch, schließlic­h hat er auch Fans in Polen, Tschechien und den USA.

Die versorgt Rieger mit gängigen Dance-Beats, Pop-Ohrwürmern wie der Single „Nobody Knows Me (Like You Do)“und massig Autotune. „Ich glaube, diese Effekte sind Teil der Musik. Autotune ist ein Stilmittel, das gerade in der Rapmusik viele benutzen“, erklärt Rieger. Die künstliche Verfremdun­g der Stimme wurde vor allem von Rapper T-Pain und der Popdiva Cher („Believe“) populär gemacht.

Rieger nutzt den Effekt in nahezu jedem der 13 Songs, sodass seine wahre Stimme kaum zum Vorschein kommt. Doch die stimmliche­n Qualitäten fallen bei Social-Media-Stars wie Mike Singer oder den Lochis ohnehin nicht ins Gewicht. Auch die Texte kratzen eher an der Oberfläche.

Meist dreht es sich um Liebe und Trennungen, mit den bald in YouTube-Rente gehenden Lochis singt Rieger den Titel „Friendzone“, in „I F*ck Up Sometimes“geht es um eigene Fehler. Was die Zielgruppe halt so interessie­rt. „Ich bin jung und möchte manchmal Dinge machen, die meine Eltern oder mein Manager nicht cool finden. Das ist auch völlig okay und sogar gut. Man muss Fehler machen, um daraus zu lernen“, sagt Rieger dazu.

Früher Ruhm ist Segen und Fluch

Auch mit dem Titelsong „Justice“können sich die jungen Fans, sofern sie den Text verstehen, sicher identifizi­eren. „Egal, ob das Leben gerade ungerecht ist, du musst an die guten Seiten denken. Das Leben ändert sich jeden Tag. Du weißt nie, was passiert“, erklärt der Teenager, der bald 20 wird, die Intention des Tracks.

In Riegers Leben passiert seit Jahren äußerst viel. Inzwischen hat er seine eigene Wohnung in Berlin, reist öfter nach Los Angeles und braucht bei öffentlich­en Auftritten einen Bodyguard. Seinen 1,8 Millionen Abonnenten auf Instagram teilt er täglich mit, wie es ihm geht. Die honorieren die privaten Einblicke mit Klicks und digitalen CD-Käufen.

Hat er Angst, dass es ihm mal so gehen könnte wie seinem Vorbild Justin Bieber? Der bekundete kürzlich, dass ihm die große Bekannthei­t in jungen Jahren nicht gutgetan habe. „Der frühe Ruhm ist etwas Schönes, gleichzeit­ig aber auch etwas Unschönes“, erläutert Rieger. „Ich würde nicht sagen, dass man seine Kindheit verliert, aber man muss auf jeden Fall Abstriche machen. Aber ich habe mir das ja ausgesucht.“

Live: 9.9. Freiburg, Jazzhaus; 16.9. Mannheim, Capitol.

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FOTO: ARNE IMMANUEL BÄNSCH „Man muss Fehler machen, um daraus zu lernen“, sagt Sänger Lukas Rieger.

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