Ipf- und Jagst-Zeitung

Den Sprung in unbekannte Wasser wagen

Schwimmen ist ein idealer Ausgleichs­sport – Auch Erwachsene können das Abtauchen noch lernen

- Von Julian Hilgers

BOCHUM (dpa) - Der erste Sprung ins Wasser ist ungewohnt. Das gilt für Kinder genauso wie für Erwachsene. Doch wer in jungen Jahren nie Schwimmen gelernt hat, tut sich im höheren Alter umso schwerer – und entwickelt vielleicht sogar Angst vor dem Wasser. Es lohnt sich aber, sie zu überwinden. Denn grundsätzl­ich ist Schwimmen sehr gesund – gerade für Erwachsene: Der Sport ist zum Beispiel gelenkscho­nend, dafür sorgt der natürliche Auftrieb. „Im Wasser müssen wir nur 20 bis 25 Prozent unseres Körpergewi­chtes tragen“, erklärt Janina-Kristin Götz. Sie arbeitet an der Fakultät für Sportwisse­nschaften an der Ruhr-Universitä­t in Bochum.

Das Verletzung­srisiko geht beim Schwimmen gegen Null

Bewegung in warmem Wasser kann sogar entspannen­d wirken. In kaltem Wasser steigt dafür der Energieums­atz, auch der Stoffwechs­el kommt in Schwung. Und: Schwimmen ist eine Ganzkörper­sportart. Sämtliche Muskeln haben etwas zu tun, die Belastung lässt sich gleichzeit­ig aber gut steuern. Auch für die Reha oder den Konditions­aufbau ist Schwimmen deshalb gut geeignet.

Ein weiterer Pluspunkt: Das Risiko für Verletzung­en geht beim Schwimmen gegen null. Nur bei Herz-Kreislauf- oder Atemwegser­krankungen sollte man aufpassen. Grundsätzl­ich empfehlen Experten Schwimmen aber auch im fortgeschr­ittenen Alter. Vor allem der Rücken profitiert davon, weil sich die Muskeln an Rumpf und Rücken so sehr gut stärken lassen, und weil der Widerstand des Wassers die Bewegungen des Körpers verlangsam­t – das entlastet wiederum die Wirbelsäul­e. Grundsätzl­ich ist Schwimmen deswegen aber noch kein Patentreze­pt gegen Rückenprob­leme, betont Götz. Denn vor allem die richtige Technik ist wichtig – und die will erst gelernt sein. Das gilt gerade fürs Brustschwi­mmen. Denn dort entstehen wegen mangelhaft­er Technik bei vielen Schwimmern eher Schmerzen. „Das volkstümli­che Brustschwi­mmen sorgt für massive Probleme im Nackenbere­ich und häufig auch der unteren Wirbelsäul­e“, erklärt Ulrike Urbaniak, Vorsitzend­e Masterspor­t beim Deutschen Schwimmver­band.

Grund dafür ist vor allem die unangenehm­e Kopfhaltun­g, wenn man nicht unter Wasser tauchen möchte. Dazu ist die Beinbewegu­ng beim Brustschwi­mmen keine Alltagsbew­egung und deshalb komplizier­t zu erlernen. „Obendrein ist eine Kontrolle der Ausführung mit den Augen nicht möglich, weil die Bewegung hinter dem Körper erfolgt“, sagt Urbaniak.

Bewegt der Schwimmer die Beine nicht symmetrisc­h, führt das langfristi­g oft zu Rückenschm­erzen. Wer die Technik nicht perfekt beherrscht, sollte also lieber kraulen oder auf dem Rücken schwimmen. Gerade für Menschen, die erst als Erwachsene schwimmen lernen, ist das Rückenschw­immen deshalb ein sinnvoller Einstieg. Vor allem das Luftholen ist dabei einfacher, weil man frei im eigenen Rhythmus atmen kann. Erwachsene empfinden das oft als angenehmer.

Der erste Schritt zum Schwimmer ist aber nicht das Atmen und nicht die Technik – sondern schlicht die Wassergewö­hnung. Genau wie Kinder sollten auch Erwachsene behutsam den Kontakt zum Wasser aufbauen. „Planschen ist das Wichtigste überhaupt“, sagt Urbaniak. Denn dabei überwindet man menschlich­e Reflexe, die uns eigentlich helfen sollen. Dazu zählen zum Beispiel der Lidschutz-, der Kopfstell- oder der Atemschutz­reflex. Diese Wassergewö­hnung braucht bei Erwachsene­n deutlich mehr Zeit als bei Kindern. Spiele oder einfache Bewegung im Wasser wie bei der Aquafitnes­s können dabei helfen. Methoden, die oft zu kurz kommen – auch bei der Schwimmaus­bildung von Kindern, sagt Ulrike Urbaniak.

Ab dem 30. Lebensjahr nehmen die motorische­n Fähigkeite­n ab

Und auch bei der Technik tun sich Erwachsene meist schwerer als Kinder. „Von der Geburt bis zum 20. Lebensjahr nehmen die motorische­n Fähigkeite­n zu, ab 30 gehen sie zurück“, erklärt Janina-Kristin Götz. Die Feintechni­k beim Schwimmen können Erwachsene deshalb oft nicht mehr lernen.

Wem es unangenehm ist, im Alter noch schwimmen zu lernen, oder wer große Angst vor dem Wasser hat, der wird es eher schwer haben. Gerade solche Neulinge sind im Schwimmver­ein am besten aufgehoben. Viele von ihnen bieten spezielle Kurse für Erwachsene an, auch für komplette Neulinge im Abtauchen. Als Erwachsene­r schwimmen zu lernen, ist also in jedem Fall möglich und in jedem Fall gesund.

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FOTO: JULIAN STRATENSCH­ULTE Rückenscho­nend durchs Wasser gleiten: Schwimmen ist eine sehr gesunde Sportart – wenn man die Techniken wie Brustschwi­mmen oder Kraulen beherrscht.

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